Das Adambräu. Vom Bierbrauen zum Häuserbauen.
Eine der wenigen Bauten des Tiroler Architekten Lois Welzenbacher beherbergte – wie der Name es vermuten lässt – eine Brauerei, die den Innsbrucker Stadtteil Wilten mit einem Duft von Hopfen und Malz überzog. Heute hingegen riecht es nach Kreativität. Das ehemalige Sudhaus des Adambräus dient schon seit über zehn Jahren einem ganz anderen Nutzen, der vielleicht von Bier beflügelt wird, jedoch eher im Geistigen zu Tage tritt: dem Verein aut. architekur und tirol.
Symbiotische Doppeldeutigkeit
Die Transformation des ehemaligen Brauareals 2005 in seine heutige Form spiegelt gleichzeitig das Ansinnen des unabhängigen Vereins von Architekten wider. Dabei geht es um ein essentielles Thema: Fragen zur qualitätsvollen Gestaltung unseres Lebensraumes. Äußerlich eine Frage des Geschmacks, geht es im Inneren oft vorrangig um Nutzen und Funktion. Das ist wohl das Wesen eines jeden Gebäudes. Auch die Gemäuer des Adambräus „leben“ diesen Nutzungswandel von außen nach innen: Der zur Südbahnstraße und zum Karmel-Areal geöffnete hohe und luftige Raum für die ehemaligen Sudkessel mit versetzten Geschoßen sowie die darunterliegenden, introvertierten ehemaligen Technikräume dienen der Architekturvermittlung durch Ausstellungen, Veranstaltungen und Vorträgen. Dabei wirken die Räume auf ihre Besucher in ihren überraschenden Wendungen, den spartanischen Treppen und unverhofften Öffnungen wie der Bauplan einer Maschine. Das ist gewollt. Die Symbiose von verwinkelt und gleichzeitig tolerant und offen symbolisiert Nutzen und Schönheit. Die Architektengemeinschaft Rainer Köberl, Erich Wucherer, Thomas Giner und Andreas Pfeifer bewahren mit ihrer sensiblen inneren Transformation so den Geist des Hauses.
Bücherhaus
Aber es geht um mehr als reine Wissensvermittlung, sondern auch um Wissensbewahrung. Auch das Archiv für Baukunst der Innsbrucker Universität, das sich der Speicherung, Bewahrung und Erforschung der Architektur und des Ingenieurbaus in der Alpenregion widmet, ist im ehemaligen Bereich der Silos und Förderanlagen untergebracht. Der unabhängige Verein aut. architektur und tirol rund um den Architekten und Geschäftsführer Arno Ritter bemüht sich um transparente Beschreibungen und Erklärungen der baulichen Umwelt, scheut sich aber auch nicht vor philosophischeren Fragen rund um die Architektur in Tirol.
Drahtseiläkte
Eine Frage, die wohl wie keine andere das Ästhetikempfinden der Tiroler und Tirolerinnen spaltet, ist wohl: Was ist moderne Architektur? Laut Arno Ritter muss man in puncto Architektur schon mal Grundlegendes unterscheiden. „Modern bedeutet für mich ‚zeitgemäß‘ und ‚funktionell‘, anders der Begriff ‚modernistisch‘, der im Volksmund auch gerne mal verwendet wird. ‚Modernistisch‘ ist für mich so tun als ob. Nicht Fisch nicht Fleisch“, erklärt er. Auf die Frage, wie klassische Kontroversen über die „Schönheit“ oder „Hässlichkeit“ mancher Gebäude entstehen, meint Ritter: „Wohnen ist für mich zum Teil immer noch ein eher konservatives Phänomen in Tirol. Klischees, die wir gewohnt sind, nehmen wir in unserer nächste Behausung mit. Aber die Bereitschaft zu einer moderneren Bauweise hat definitiv zugenommen. Nicht zuletzt wegen der tollen M-Preis-Bauten in Tirol. Das hat der modernen Architektur einen Schub gegeben.“
Fazit
Bleibt festzuhalten, dass Architektur wohl gleich wie Mode eine individuelle Geschmackssache ist, auch hier entscheidet manch einer zwischen Funktionskleidung, Bürobekleidung und Freizeit-Outfits. Dabei lassen sich heutzutage die Unterschiede gar nicht mehr so einfach feststellen, die Grenzen sind fließend. Ob nun Bauernhaus, Jugendstilvilla oder ein futuristisch anmutendes Einfamilienhaus: Letztlich ist es die Vielfalt in Tirol, welche jedes einzelne Gebäude zu etwas besonderem macht. Und wer’s genau wissen will, besucht das Adambräu.
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