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Vom Fichtenstamm zur Geige: Instumentenbauerin Claudia Unterkofler im Porträt
Geige, Gambe, Bratsche. In vielen Arbeitsschritten stellt Claudia Unterkofler Barockinstrumente voller Klangschönheit her. Wir haben sie in ihrer Werkstatt in Innsbruck besucht.
Ein beschaulicher Innenhof im Innsbrucker Stadtteil Pradl, eine Katze streicht um den Eingang des Stöcklgebäudes. Auf unser Klopfen öffnet Claudia Unterkofler die Tür, um Katze und Besucher einzulassen. Drinnen erwarten uns zwei gemütliche Arbeitsräume. An der Wand Bilder, ein Meisterbrief und viele, viele Werkzeuge zur Holzbearbeitung, auf der Werkbank liegt die Decke einer Geige, die gerade ihre typische Wölbung erhält. Nebenan trocknet eine frisch lackierte Gambe unter UV-Licht, lagern Holzrohlinge in einem Regal.
Lehr- und Wanderjahre einer Meisterin
Genauso hat sich Claudia Unterkofler ihre Arbeit als Instrumentenmacherin vorgestellt – selbstständig in ihrer Ein-Frau-Werkstatt. Bis es 2009 so weit war, verbrachte sie neun Lehr- und Wanderjahre als Geigenbauerin in Oberitalien, schloss noch einen Universitätslehrgang für den Bau von Barockinstrumenten und -bögen an und legte in Innsbruck die Meisterprüfung ab.
Barockmusik – eine Herzenssache
Der Hauptgrund, warum sie sich für Barockinstrumente entschieden hat, ist schnell erklärt: „Es ist einfach die Musik“, meint Claudia Unterkofler, „Barockmusik geht mir unter die Haut“ – ein Gefühl, das sie bei Werken nach 1750 ganz selten erlebe. Der andere Grund ist offensichtlicher. Bei einer Gambe, Barockgeige oder Viola d’amore „kann ich mich künstlerisch mehr ausleben als bei modernen Instrumenten, zum Beispiel Köpfe schnitzen und Einlegarbeiten machen“, erzählt die Instrumentenbauerin.
Kunstvolle Schnitzerei
Ihr eigenes Instrument mit geschnitztem Kopf und Intarsien sowie ein Hals mit feinen Ornamenten, an dem sie gerade arbeitet, zeigen, wie kreativ die einzelnen Teile ausfallen können. Für den Klang spielt aber die Decke die bedeutendste Rolle. Das Holz dafür stammt von Haselfichten, also ganz regelmäßig gewachsenen Fichtenstämmen ohne Astlöcher und mit charakteristischer Maserung. Wie eine Bildhauerin, die aus einem Marmorblock eine Skulptur hervorholt, arbeitet Claudia Unterkofler aus einem Stück Tonholz die gewölbte Decke heraus. Dabei kommt es auf Zehntelmillimeter an. Am Ende ist das Holz in der Mitte – an der dicksten Stelle – noch 3 Millimeter dick und so biegsam, dass es beim Spielen in Schwingung kommt.
Die Haselfichte - ein besonderes Holz
Für die Decken – die Oberseite – aller Saiteninstrumente verwendet man Haselfichte, also speziell gemaserte Fichtenstämme, die oberhalb von 1.000 Metern Seehöhe langsam und ganz regelmäßig wachsen. Ihr Preis ist um ein Vielfaches höher als der von Möbel-, Bau- oder Brennholz. Die Stämme werden in Stücke und diese wiederum in Keile geschnitten – wie bei einer Torte. Bis es im Instrumentenbau zum Einsatz kommt, lagert und trocknet das Holz 10 bis 20 Jahre.
120 Stunden bis zur Gambe
Deckenmachen ist der spannendste Teil am Instrumentenbau, auch weil jedes Stück Holz ein anderes Timbre hat und daher anders bearbeitet wird. Aber selbstverständlich benötigen auch die anderen Schritte Zeit und Können. Rund 120 Stunden braucht Claudia Unterkofler, bis alle Teile gemacht, zusammengefügt und lackiert und die Saiten aufgezogen sind. Drei bis vier Instrumente – moderne wie Barockgeigen und -bratschen, große und kleine Gamben – macht Claudia Unterkofler pro Jahr. Dazu kommen der Bau von Bögen, die je nach Epoche anders ausfallen, und Reparaturen – nicht zu vergessen der Service für die Instrumente, die internationale Stars zu ihren Festwochenauftritten mitbringen.
Ein halbes Jahr bis zum besten Klang
Claudia Unterkofler hat Kund*innen aus dem ganzen deutschen Sprachraum und Italien. Sie baut und wartet die Instrumente von Studierenden, Berufs- und Hobbymusikern. Ist ein neues Instrument fertig, dann ist die Übergabe an den oder die Auftraggeber*in immer mit einem kleinen Ritual verbunden. Es wird geplaudert, ausprobiert, eine Feineinstellung gemacht und auf das gelungene Werk angestoßen. Für die oder den neue*n Besitzer*in heißt es dann, bis zum ersten Service nach sechs Monaten ganz genau zu stimmen und zu intonieren, viele lange Töne und Tonleitern zu spielen. Der Lohn für solche Mühen stellt sich unweigerlich ein: Erst durch den Gebrauch entfalten Streichinstrumente ihr volle Klangschönheit.