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Dirndlmaßschneiderei „HeimatGwand“: Die Heimat im KLeiderschrank
„HeimatGwand“ nennt Christian Neff seine Maßschneiderei in Innsbruck, die auf Dirndl für Alltag und Feste spezialisiert ist.
Text: Esther Pirchner
Fotos: Axel Springer, Tirol Werbung
Stoffe, Kleider, Rüschen
Ein Altbau im Innsbrucker Stadtteil Wilten, zweiter Stock. Hier hat Schneidermeister Christian Neff im Juni 2019 die Eröffnung seines Unternehmens HeimatGwand gefeiert. Zwei Räume stehen nun für die Anfertigung von Schnitten und Kleidern, von Rüschen und Schürzen, für die Auswahl, Anprobe und Präsentation von Kleidern zur Verfügung. Im vorderen hängen über dem gemütlichen Sofa kleine Krickerln und naive Bilder. Einige seiner Dirndlmodelle hat er auf Schneiderpuppen ausgestellt: Alltagsdirndl mit geknöpftem oder geschnürtem Mieder in Leinen, ein Hochzeitsdirndl in cremeweißer Seide, schlichte Kleider mit in sich gemusterten Schürzen und schönem Schmuck, reich verzierte Dirndl mit Rüschen und Bändern. Nebenan in der Werkstatt erhält ein farbenfrohes Festtagsdirndl noch den Tupfen auf dem i – eine aufwendig gemachte Buschrosenrüsche aus sieben Meter rotem Satinband. In den Regalen warten, fein säuberlich geschlichtet, die unterschiedlichsten Stoffe auf ihre Verarbeitung: Leinen und Baumwolle, Seide und Wolle, Tüll und Organza. Es gibt einfarbige und bedruckte Stoffe, solche in gedeckten und andere in lebhaften Farben, fein gewebte mit Karos, Streifen und anderen Wirkmustern.
Auf dem Weg zum Alltagsgewand
Alles in diesem Atelier zeigt, dass hier ein kreativer Kopf am Werk ist, der seinem Handwerk mit Leidenschaft nachgeht. Wie aber ist Christian Neff überhaupt zur Dirndlschneiderei gekommen? Eher zufällig und übers Tanzen, erzählt er. Denn früher tanzte er lateinamerikanisch im Turnier- und Leistungssport und machte seiner Tanzpartnerin einfach selbst ein Kleid, als diese kein passendes finden konnte. Es dauerte nicht lange, bis er auch für andere Tänzerinnen nähte, seine drei Schwestern sich von ihm Ballkleider machen ließen und er ihnen schließlich auch Dirndl auf den Leib schneiderte. In Bayern gehören diese traditionsreichen Kleider zum Alltag, während Tirol, wohin Neff vor einiger Zeit gezogen ist, in der Hinsicht „noch etwas aufholen“ müsse. „In Tirol haben viele Leute eine Hochtracht, die sie zum Beispiel bei einer Prozession ausführen, aber nur wenige tragen ganz selbstverständlich Dirndl“, erzählt er, „die Bayern haben zwar seltener eine Hochtracht, dafür aber oft mehrere Dirndl für verschiedene Anlässe.“
Kleidsam in allen Farben
Dass er schließlich beim Dirndlnähen geblieben ist, hat gute Gründe: „Mit einem Dirndl ist eine Frau immer gut angezogen“, meint Neff. „Es unterstreicht die Vorzüge – man kann die Taille und mit verschiedenen Arten von Ausschnitten die Oberweite schön betonen und zugleich das eine oder andere Hüftkilo wegmogeln.“ Auch die Farben könne man auf eine ganz besondere Art einsetzen: „Rot. Blau, Grün kann man bei einem Dirndl in den grellsten Farben kombinieren, und es sieht gut aus. Bei einem Alltagsoutfit könnte man das niemals machen.“
Wissen erhalten und weitergeben
Besonderes Augenmerk legt Neff auf die Techniken, die Machart der einzelnen Teile und ihre Verzierungen. Schon früh begann er, sein autodidaktisch angeeignetes Können mithilfe einer Schneiderin in München zu ergänzen. Aus dem Handbuch einer Trachtenschneiderin, in dem sie die verschiedensten Macharten von Raffungen bei Röcken und Schürzen, dem Stifteln, sowie beim Herstellen von Rüschen aufgezeichnet hat, lernt er immer wieder neue Varianten. Wellenrüschen, Herzrüschen, Bonbonrüschen und andere Arten sind hier aufgezeichnet. Es ist nur eines von mehreren Details, mit denen sich Christian Neff beschäftigt. „Mir geht es in vielerlei Hinsicht darum, dass das Wissen weitergetragen wird“, meint er. „Traditionelle Kleidung wie das Dirndl wird inzwischen häufig in Asien produziert, damit werden viele Handwerkstechniken wie das Zeichnen von Schnitten hier nicht mehr weiterentwickelt. Das Wissen, das über Jahrhunderte entstanden ist und weitergegeben wurde, möchte ich erhalten.“ Aus diesem Grund lässt er sich auch von einer Trachtenschneiderin die Feinheiten an den Tiroler Traditionsgewändern beibringen, um schließlich selbst neben den Dirndln auch Trachten schneidern zu können.
Für Dirndlfans und Dirndlmuffel
Nicht nur Altes zu bewahren, sondern auch Neues zu entwickeln, liegt Christian Neff am Herzen. Zurzeit beschäftigt er sich mit Kleidern für Frauen, die normalerweise keine Dirndln tragen. „Eine Bekannte hat mir erzählt, ihr sei das alles zu eng und sie sei mehr der legere Typ, dem kein Dirndl steht, …aber ich glaube das nicht“, meint er mit einem Schmunzeln. Stattdessen spornte es ihn dazu an, an neuen Entwürfen zu arbeiten, die auch Dirndlmuffel tragen wollen. Denn schließlich „kann ein Dirndl ja auch ein ganz modernes Kleidungsstück sein“. Überhaupt seien Dirndl – anders als Trachten, die nach ganz bestimmten Vorgaben gefertigt werden – wie jede Mode bestimmten Trends unterworfen. „Es hat einmal eine Zeit gegeben, wo man viele Stehkrägen getragen hat, im Moment gibt es geschlossene Mieder. Eine Zeitlang waren Spitzenschürzen modern, während man heute eher Chiffonschürzen trägt.“ Dass es so viele Arten von Dirndln gibt, schlägt sich auch darin nieder, dass immer mehr Frauen mehr als ein Dirndl hätten, meint Neff und lacht: „Der Trend geht zum Zweitschrank.“
Wilten als Trachtenmodenzentrum
Nun arbeitet Neff also daran, die Erst- und Zweitschränke seiner Kundinnen zu füllen, und hat sich dazu einen Unternehmenssitz im lebendigen Stadtteil Wilten ausgesucht. Ganz in der Nähe gibt es bereits den Ledermodenmacher PeNa, der unter anderem Lederhosen und gestickte Ranzen für Schützen und Musikkapellen herstellt, und das „Heu & Stroh“, wo hochwertige Trachtenmode verkauft wird. Mit Christian Neff als einzigem Schneidermeister in Innsbruck, der sich auf Dirndl spezialisiert hat, entwickelt sich das Wiltener Platzl also ganz zum Zentrum für traditionelle Mode. Es sei im Sinne aller, meint er: Das „Heu & Stroh“ empfiehlt „HeimatGwand“ jenen Kundinnen, die ein besonderes, maßgeschneidertes Dirndl wollen, er wiederum schickt seine Kundinnen in das Geschäft, wenn sie Unterröcke oder Blusen brauchen.
Unikate zu erschwinglichen Preisen
Inzwischen hat es sich schon ein wenig herumgesprochen, dass in Wilten ein Meister seines Fachs am Werk ist. Der Kundenstock darf aber ruhig noch weiter wachsen, meint Neff. Frauen jedes Alters leisten sich gerne einmal dieses besondere Gewand, und es sei auch durchaus erschwinglich. Mit Preisen ab 600 Euro sind seine maßgeschneiderten Dirndl nicht teurer als Konfektionsmodelle vergleichbarer Qualität – und sie haben den Vorteil, dass jedes von ihnen ein Unikat und in Stil und Passform ganz auf seine Trägerin zugeschnitten ist.

HeimatGwand
Christian Neffs Dirndlmaßschneiderei
Leopoldstraße 26, 2. Stock
6020 Innsbruck
Tel. 06642824771
E-Mail: christian@heimatgwand.at