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Musikladen Innsbruck: Leben in Tempo 33 1/3
Das älteste Plattengeschäft von Innsbruck ist zugleich das hipste. Im Musikladen am Sparkassenplatz haben Generationen von Musikbegeisterten ihre ersten Schallplatten, Kassetten oder CDs gekauft, sich beraten lassen und immer wieder Neues entdeckt. Eine Liebeserklärung.
Gegründet 1978 in der Maximilianstraße, behauptete sich der Musikladen im damals dichten Netz an Plattenläden als erste Adresse für Jazz und Alternative Rock. Die LPs holten Firmengründer Josef Ess und Rudi Pöschl zum Teil noch per VW-Bus aus England. Schon in den Anfangstagen war das Geschäft weniger ein Laden als vielmehr die Drehscheibe für neuen Sound und ewige Hits in Tirol.
Mitte der 1980er-Jahre bezog man das Geschäftslokal im Zentrum und blieb dort – über alle Entwicklungen von Tonträgern, Hörgewohnheiten und Marktbedingungen hinweg - offen für (fast) alle Musikströmungen. Legendär waren die Musikladendiskos im Kulturzentrum Utopia. Es gab Großkonzerte – wie jenes der Pogues am Bergisel und kleine, avantgardistische Veranstaltungen im Geschäft selbst.
Mit Liebe zur Musik
„Möglich war das durch Rudis Liebe zur Musik. Er hat extrem gerne aufgelegt“, meint sein Sohn Rainer Pöschl dazu, der den Musikladen heute führt. 2008, als Rudi überraschend starb, entschieden Rainer und seine Mutter Christine, das Geschäft weiter zu betreiben. Auch damals war es die Leidenschaft, die den Ausschlag zum Weitermachen gegeben hat – und einige Jahre später noch einmal, als Streamingdienste und Onlinehandel dem stationären Handel schwer zu schaffen machten.
Hörqualität statt smarter Sounds
Auszuharren hat sich gelohnt. Seit den 2010er-Jahren entdecken immer mehr junge Musikfans Vinyl für sich. Sie ziehen ganze Alben einzelnen Songs vor, begeistern sich für die Haptik von Schallplatten und deren Cover-Artwork, vor allem aber für den um Welten besseren Sound einer Schallplatte. „Inzwischen habe ich schon Kunden und Kundinnen, die Spotify abmelden und sich einen Plattenspieler kaufen“, erzählt Pöschl.
Neben der umfangreichen CD-Auswahl füllt Vinyl aus den Sparten Jazz, Rock, Pop, Elektronik und HipHop ein wandbreites Regal im Musikladen. Auch Klassik ist wieder auf den schwarzen Scheiben zu haben. Die Nachfrage ist zuletzt noch größer geworden, sagt Pöschl. In der Corona-Zeit habe „die Geschwindigkeit ein bisschen abgenommen, dadurch kann man sich aufs Musikhören wieder mehr einlassen“. Gute Zeiten also für die LPs, die sich mit einer Geschwindigkeit von 33 1/3 rpm auf den Plattentellern drehen.
Empfehlungen, Entdeckungen
So vielfältig wie das Angebot ist auch die Kundschaft. Es gibt die ganz jungen, die erstmals in die Welt der Musik eintauchen, jene die dem Musikladen über Jahre treu geblieben sind und natürlich alle dazwischen. Eine Stammkundin hat sogar die Seite der Theke gewechselt und arbeitet im Geschäft. Ihr Name – Jasmin – steht nun in einer Reihe mit Rainer, Christine und denen anderer Musikaficionados gleich neben dem Eingang.
Sie alle geben hier ihre aktuellen Empfehlungen ab - ein Ausdruck dessen, dass der Musikladen ein Ort des Austausches ist, an dem man sich trifft, Musik hört und über Musik spricht. Dass dafür in Zukunft noch mehr Raum ist, wäre ein Wunsch des Betreibers. Rainer spielt mit dem Gedanken, mehr Platz zu schaffen: für ein paar Tische, Bücher und vor allem für noch mehr Musik.