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Otto Grünmandl – Meister der komischen Kunst
Otto Grünmandl war in gleichem Maße ein Dichter und Unterhalter, ein Denker und satirischer Geist. Oft zeigte er, wie man Dichtkunst und feinsinnigen Humor in einem Werk zusammenführt: „Höret, was Erfahrung spricht: Hier ist’s so wie anderswo. Nichts Genaues weiß man nicht, dieses aber ebenso.“
Gern lässt man sich – hier und anderswo – auf hohem Niveau zum Lachen bringen. Als Otto Grünmandl 1976 sein erstes Soloprogramm aufführte, feierte er gleich große Erfolge. Für das nächste, „Ich heiße nicht Oblomow“, wurde er zwei Jahre später mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Die Arbeiten mit dem bayerischen Kabarettisten Gerhard Polt und vor allem mit dem Tiroler Radiomann Theo Peer sind bis heute Legende.
Die Alpenländischen Interviews, die Grünmandl und Peer zuerst für den Radiosender Ö3 erstellten, wurden bald zum TV-Format umfunktioniert – so erfolgreich waren diese kleinen Spielszenen, in denen Wissenschaftler ihre verkannten Erfindungen, Touristiker ihre großartigen Werbeideen und Sportler ihre erstaunlichen Erfolge vorstellten.
Lyriker, Hörspielautor, Schauspieler
Trotz ihrer Bekanntheit sind diese pointierten Kammerstücke nur ein Bruchteil dessen, was Otto Grünmandl in seinem künstlerischen Leben geschaffen hat. Seine ersten literarischen Erfolge feierte er in den 1950er-Jahren mit Gedichten und Hörspielen. Die Novelle „Ein Gefangener“ wurde 1956 veröffentlicht, er erhielt mehrere Auszeichnungen und der Schauspieler Oskar Werner trug im Radio Grünmandls Gedichte vor.
Schließlich bekam Otto Grünmandl eine Anstellung beim Radio, später wurde er der Leiter der Unterhaltungsabteilung im ORF Tirol. Die Beschäftigung mit Sprache und Text, begleitete Otto Grünmandl ein ganzes Leben lang – von originell gereimten Inseraten für das Textilgeschäft des Vaters, über Gedichte und Kabaretttexte bis hin zu Hörspielen, Theaterstücken und Erzählungen reicht die Liste seiner Werke.
Während Grünmandl als Kabarettist und Schauspieler regelmäßig auftrat, gibt es nur eine einzige Aufnahme, in der er seine Gedichte selbst vortrug. Nachlesen kann man sie im Buch „Ein Gefangener“, dem ersten Band einer fünfbändigen Werkausgabe, die seit 2021 erscheint.
Noch weiter zurück in der Geschichte
So wie sich im künstlerischen Werk noch vieles entdecken lässt, so konnten auch in der Familiengeschichte Otto Grünmandls erst in den letzten Jahren einige Lücken geschlossen werden. Dahinter steckt das genealogische Interesse seines Sohnes Florian, der nach dem Tod einer Tante unter anderem Zugang zu Briefen aus den Jahren 1938 bis 1945 erhalten hatte und nach anderen Familienmitgliedern forschte. Ein entfernter Cousin in Haifa steuerte weitere Fotos und Informationen bei. So tat sich nach und nach die Geschichte einer Familie auf, die aus Böhmen nach Hall in Tirol ausgewandert war und dort im Geschäftsleben Fuß fasste.
Glück, Verfolgung, Neubeginn
Bis 1938 verlebten Otto und seine Geschwister als Kinder eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter in Hall glückliche Jahre. Fotos und Briefe aus jener Zeit zeugen davon. Im Nationalsozialismus hatte die Familie unter Repressionen zu leiden, das Geschäft des Vaters wurde arisiert. Otto Grünmandl selbst wurde – nachdem sich die Hoffnung auf eine Emigration nach England zu seiner Schwester Betty zerschlagen hatte – noch 1945 als „Halbjude“ zur Zwangsarbeit nach Thüringen verpflichtet. Die Neuanfänge nach 1945 waren schwierig, doch Gründmandl gelang schließlich der Durchbruch und der Umstieg zum freischaffenden Künstler.
„… dann schau ma weiter!“
Zu seinem 70. Geburtstag im Mai 1994 lud Otto Grünmandl seine Freunde mit den Worten ein: „Liebe Freunde, wie jedes Jahr lade ich Euch auch heuer zu meinem 70-sten Geburtstag diesbezüglich ein und zwar herzlich.“ Es sollten nur mehr wenige Geburtstage folgen. Im März 2000 starb der Wortkünstler nach langer Krankheit in Hall. Von seinem Kabarettistenkollegen und Freund Gerhard Polt verabschiedete er sich mit den Worten: „Woasch Gerhard, i stirb jetz amal derweil, und dann schau ma weiter!“
Man könnte sagen: Es lag eine gewisse Prophetie darinnen, denn auch mehr als 20 Jahre später kann man zumindest an seinem Werk immer noch weiterschauen. Trost spendet der zweite seiner gesammelten Sinnsprüche, der wie der erste in keiner Zugabe fehlen durfte: „Höret, was Erfahrung spricht: Keine Rose ohne Dornen und kein Schatten ohne Licht und kein Hinten ohne vornen."