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Musik für Millionen zum Jahreswechsel
Zu Neujahr sind alle Augen auf die Wiener Philharmoniker gerichtet – mittendrin der Tiroler Karl-Heinz Schütz. Rund um den Jahreswechsel fand der Soloflötist Zeit für ein Gespräch über die Freude an Auftritten, musikalische „Muttersprachen“ und seine Pläne fürs neue Jahr.
Normalerweise reist Karl-Heinz Schütz mit den Wiener Philharmonikern und als Solist und Kammermusiker durch die ganze Welt – wenn er nicht gerade seiner Tiroler Heimatstadt Landeck einen Besuch abstattet und dort das Festival Horizonte leitet.
Als Mitglied der Wiener Philharmoniker sind Sie gewohnt, in großem Rahmen aufzutreten. Warum ist das Neujahrkonzert für Sie und Ihre Kollegen trotzdem etwas Besonderes?
Es ist eine sehr festliche Stimmung im Musikvereinssaal, es ist taghell durch die ganzen Scheinwerfer, dazu kommt noch die Präsenz der Kamera … Wenn man da auf die Bühne geht, ist einem sehr bewusst, dass man nicht nur die Besucher im Saal erreicht, sondern 50 Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Das ist immer ein besonderer Adrenalinkick.
Wir Musiker wechseln uns übrigens über die Jahre ab: Ich habe das Neujahrskonzert 2020 unter Andris Nelsons gespielt, diesmal war ich zu Silvester bei der „Fledermaus“ in der Staatsoper dabei.
Bei beiden Ereignissen konnten im Saal leider keine Besucher dabei sein …
Das ist sehr schade. Aber die Fledermaus wurde live gestreamt und das Konzert in die ganze Welt übertragen. Das ist für uns ein tolles Signal, dass Kultur weitergeht. Wir zeigen damit auch: Wir wollen spielen.
Ein solches Signal waren auch die Salzburger Festspiele im Sommer. Wie war es für Sie, dort aufzutreten?
Salzburg hat sich einigermaßen normal angefühlt, aber im Juni hatten wir in Wien ein paar Konzerte vor hundert Leuten. Das war sehr traurig. Im Herbst hatten wir uns schon ein bisschen daran gewöhnt, dass der Saal nur mit tausend statt 2.000 Leuten besetzt ist. Wir haben ein wenig gescherzt und gesagt: „Der Applaus ist heute aber ein bisschen dünn.“ (lacht)
Die Wiener Philharmoniker gelten als eines der besten Orchester weltweit mit einem ganz unverwechselbaren Klang. Wie kann man sich – gerade in unserer globalisierten Welt – so eine charakteristische Stimme erhalten?
In der Musik wie auch sonst überall haben sich internationale Standards entwickelt. Viele Leute bemängeln, dass die Orchester dadurch zwar technisch immer besser werden, letztlich aber alle gleich klingen, egal woher sie kommen. Natürlich verändert sich Musik mit der Zeit, aber eine Handschrift wie die der Wiener Philharmoniker ändert man nicht von heute auf morgen. Solche Orchester achten sehr auf ihre Tradition. Der Klang wird sehr gepflegt und es kommt dann auch vor, dass man sich bei einem Probespiel fragt: Passt das zu uns oder nicht?
Ihr eigener Klang und Ihre Virtuosität passen offensichtlich sehr gut dazu. Ist das auch etwas, wovon man als österreichischer Musiker träumt: einmal Philharmoniker zu werden?
Ja, bei mir war das schon ein Kindheitstraum. Ihn umzusetzen, war allerdings mit sehr, sehr viel Arbeit verbunden. Mein Weg hat mich vom Studium in Frankreich und einem ersten Engagement in Deutschland über die Wiener Symphoniker zu den Philharmonikern geführt. Aber schließlich kann man nur darauf hinarbeiten. Welche Musiker sie auswählen, entscheiden natürlich die Orchester.
Gibt es für Sie auch eine musikalische „Muttersprache“ oder „Heimat“?
Ich hatte das Glück, dass meine Lehrer alle auf die französische Schule zurückgehen – die anerkannt beste Weise, um das Flötenspiel zu erklären und weiterzugeben. Trotzdem bin ich in Österreich aufgewachsen: Ich rede so, wie man hier redet, und bin kulturell hier assimiliert worden. Daraus entsteht ein Wechselspiel: Man sucht sich das Beste aus beidem zusammen und entwickelt es weiter.
In Ihrer Heimatstadt Landeck leiten Sie das Festival „Horizonte“. Was zeichnet dieses vergleichsweise kleine, regional verankerte Festival für Sie aus?
Ich freue mich immer, wenn ich hinkomme, weil es mein Heimspiel ist. Ich kann Einblick in meine Arbeit geben und Freunde, bekannte Musiker, dazu einladen aufzutreten. Ich sage Ihnen, dass es kein riesengroßes Festival ist, sondern etwas Familiäres – und bekomme oft das Feedback, dass die Leute dort gerne spielen. Im Schloss Landeck ist es sehr angenehm aufzutreten. Das Konzertpublikum ist eine eingeschworene Gemeinde, die glücklicherweise immer weiter gewachsen ist.
2020 mussten bei den „Horizonten“ einige Konzerte abgesagt bzw. verlegt werden. Was planen Sie für dieses Jahr?
Wir werden die Dinge nachholen, die heuer nicht stattgefunden haben, auch weil ich den Gruppen und Musikern im Wort bin. Die Landecker wollen das Festival weiterhin haben und ich hoffe sehr, dass im Kulturleben insgesamt eine Rückkehr zur Normalität bald möglich ist.
Das wünschen wir Ihnen und uns auch. Vielen Dank für das Gespräch.
Karl-Heinz Schütz
Karl-Heinz Schütz ist weltweit erfolgreich als Solist, Kammermusiker und Soloflötist der Wiener Philharmoniker tätig. Er studierte in Österreich und in Frankreich und ist Gewinner zweier internationaler Wettbewerbe (Carl Nielsen und Krakau). Mit seinem Wiener Ring Ensemble und dem Ensemble Wien-Berlin ist er bei renommierten Festivals und in den wichtigen Musikmetropolen zu Gast. Dirigenten wie Riccardo Muti und Daniel Barenboim haben ihn zu ihren Konzerten als Solisten eingeladen. An der Musik und Kunst Universität in Wien hat er eine Professur inne und gibt regelmäßig Meisterkurse im In- und Ausland. Seiner Heimatstadt Landeck ist er als künstlerischer Leiter der dortigen Konzertreihe HORIZONTE verbunden.