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Ende 2019: Immaterielles Weltkult: Schafe hier, Schafe dort
Der Schaftrieb über den Ötztaler Gletscher zählt seit Ende 2019 zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO.
Titelbild: Ötztal Tourismus
Wege über den Gletscher
Zwei Mal pro Jahr spielt sich im Hinteren Ötztal ein außergewöhnliches „Natur“-Schauspiel ab: der Schaftrieb, der im Frühsommer aus dem Schnalstal und Vinschgau auf die Weiden des Hinteren Ötztals führt und im Spätsommer von dort wieder zurück zu den Bauernhöfen der Schafhalter. Tausende Schafe werden bei der „Wanderweidewirtschaft“ von siebzig bis achtzig Männern und Frauen über die Berge zu den Sommerweiden im Hinteren Ötztal getrieben, die Hirten leben dann drei Monate auf den Almen des Hinteren Ötztals und hüten die Tiere. An sich sind solche Schaftriebe vom Tal auf die Hochweiden im Alpenraum weit verbreitet, aber der Ötztaler Schaftrieb unterscheidet sich in zweifacher Hinsicht von anderen: Er führt erstens über die Staatsgrenze zwischen Italien und Österreich und zweitens – und das ist das wirklich Ungewöhnliche – über den Gletscher. Timmelsjoch, Hochjoch und Niederjoch, letzteres trotz seines Namens das mit 3.017 Metern höchstgelegene, heißen die Übergänge, die teilweise vergletschert sind. Sie werden schon sehr lange benützt, um das Vieh hin- und herzutreiben. Nachgewiesen sind die Schaftriebe seit bis zu 6.000 Jahren, seither und vor allem in den letzten Jahren haben sich Landschaft und Klima verändert, die Gletscher sind zurückgegangen und die Wege dadurch verändert.
Drei Mal Weltkulturerbe aus Tirol
Doch trotz der veränderten Bedingungen gehört die Transhumanz nach wie vor zu den landwirtschaftlichen Traditionen, die im Grenzland zwischen Österreich und Italien eine wesentliche Rolle spielen. Seit 2011 zählt sie zum immateriellen Kulturerbe Österreichs, nun wurde sie auf die Internationale Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen, denn die sommerlichen Schaftriebe haben auch in anderen Ländern wie Griechenland Tradition. Aus Tiroler und österreichischer Sicht betrachtet, gibt es auf der Internationalen Liste nun den dritten Tiroler und den sechsten österreichischen Eintrag. Zuvor wurden schon auf länderübergreifender Ebene die Falknerei, das Wissen um den Umgang mit Lawinengefahr und die Handwerkstechnik des Blaudrucks aufgenommen, als ausschließlich nationales Weltkulturerbe der Imster Schemenlauf und die hohe Schule der klassischen Reitkunst der Spanischen Hofreitschule. Die Tiroler und speziell die Ötztaler freut’s, erhoffen sie sich doch von der Auszeichnung, dass die Schaftriebe von dort nach da und von da nach dort noch viele Jahre fortgeführt werden.

Immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO
Österreichische Einträge auf der Liste
Multinational – gemeinsam mit anderen Staaten:
2012: die Falknerei – Einreichung gemeinsam mit 17 weiteren Staaten
2018: das Wissen im Umgang mit Lawinengefahr – Einreichung gemeinsam mit der Schweiz
2018: die Handwerkstechnik des Blaudrucks – Einreichung gemeinsam mit Deutschland, Slowakei, Tschechien und Ungarn
2019: die Transhumanz – Einreichung gemeinsam mit Italien und Griechenland
Ausschließlich national:
2012: der Imster Schemenlauf
2015: die Hohen Schule und Klassischen Reitkunst der Spanischen Hofreitschule