Ein Leben für den kleinen, weißen Ball
Interview: Fred Steinacher, Bild: GEPA
Christine Wolf pflegt seit dem 10 Lebensjahr die Passion für den Golfsport. Viel Disziplin und Freude am Sport lässt sie auf Turniere Rund um die Welt reisen. Wie sich Christine im Winter auf die Saison 2021 vorbereiten wird, wie die großen Ziele für die Zukunft heißen, welchen Stellenwert Olympia besitzt und was aus ihrer Sicht notwendig wäre, um die Bedeutung des Damen-Golfsports in der Öffentlichkeit zu erhöhen – all das verrät Österreichs Nummer 1 in einem sehr ausführlichen Interview.
Kurze Verschnaufpause
Wer in den ersten Monaten des Jahres 2022 in den Ergebnislisten der Ladies-Tour nach Christine Wolf sucht und nicht fündig geworden ist, hat sich keineswegs getäuscht. Denn ,,Chrissie“ bewegte sich nicht auf den Fairways von Südafrika und ,,schwänzte“ auch den Europastart in Madrid. Aber nicht, weil sie vom Golfsport ,,genug“ hat, sondern einfach um auszuspannen, Batterien aufzuladen – was nach fast zehn Jahren ununterbrochener Jagd nach Punkten auf den Grüns dieser Welt verständlich schien.
Christines Argumentation dafür klingt einleuchtend - ,,Wie wir alle in den letzten Jahren erlebt haben, kann das Leben von einem Tag auf den anderen einige sehr unerwartete Wendungen nehmen. Du weißt nie, was passieren wird. Und plötzlich hatte ich das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen war, um mir einen Lebenstraum zu erfüllen. Ich wollte schon immer mit dem Rucksack durch Südamerika reisen - gesagt getan! Belohnt wurden mein Partner Robi und ich bis jetzt mit einer großartigen Erlebnisreise, mit tollen Abenteuern und faszinierenden Eindrücken auf den Wanderungen durch Patagonien.“ Die Bilder vermitteln, wie sehr die Tirolerin ihren Abstecher genießt - ,,aber keine Sorge, ich werde in Kürze wieder spielen. Das Comeback ist bei den Scottish Open geplant und der letzte Satz, ehe der Rucksack wieder geschnürt wurde? ,,Ich kann es kaum erwarten, voller Energie zurückzukommen und das zu tun, was ich gerne tue.“
Wie sich Christine normalerweis auf die Saison vorbereitet hat sie uns im Gespräch verraten:
Wie darf man sich deine Saisonvorbereitung vorstellen?
Von den Stunden her hatte ich den Schwerpunkt zunächst ganz gezielt auf Kraft/Konditionstraining gelegt, doch ab Mitte Jänner war der Fokus dann voll auf das Golftraining, nachdem das erste Turnier meistens schon Mitte Februar stattfindet.
Wo findet das Kraft/Konditionstraining statt?
Ich gehe gerne laufen oder auch Skitouren, zum Krafttraining mache ich Pilates. Zudem sind Koordinationsübungen ganz wichtig, diese mache ich auch sehr intensiv während der gesamten Saison hinweg, weil Beweglichkeit im Schwung essentiell ist.
Was und wo trainierst du spezifisch?
Ich habe mir ein Netz gekauft und von meinem Club (Olympiagolf Igls) eine Matte zur Verfügung gestellt bekommen, damit ich zu Hause Indoor trainieren kann.
Viele Turniere, Training, Reisestress, kann man sich da überhaupt fit halten?
Ja, das ist möglich, wenn die Basis stimmt. Diese hole ich mir zu Haus in Tirol, in den Bergen, wie gesagt auch mit Skitouren – eine perfekte Symbiose zwischen Kraft tanken und entspannen. Aber insgesamt ist das Fit-bleiben schon ein großes Thema. Wenn ich unterwegs bin, dann nutze ich meistens die Fitnessräume in den Hotels, wo ich vor allem laufe, dehne und entsprechende Übungen absolviere. Mein Trainingsplan ist dabei so gestaltet, dass ich am nächsten Tag voller Energie in die Golfrunde starten kann ohne Muskelkater zu haben.
Wie sieht es mit Regeneration aus?
Hier setze ich auf die neue Technologie von EMS (Easy Motion Skin) mittels Elektro Muskel Stimulation. Dieses System mit dem Relax-Modus hilft mir selbst in kurzen Ruhephasen das Maximum an Regeneration herauszuholen. Das Gerät ist während meiner Reisen immer mit an Bord.
Wie hältst du es mit der Ernährung?
Ich weiß ganz genau, was ich essen muss, was mir gut tut. Genau danach ist mein Ernährungs-und Speiseplan ausgerichtet. Diesen einzuhalten ist zu Hause natürlich leichter als unterwegs.
Wann hast du eigentlich mit dem Golfsport begonnen, wann bist du Profi geworden?
Ich habe mit 10 Jahren begonnen und bin nach meinem Studium in den USA mit 23 Jahren Profi geworden.
Dein erster Turniersieg gelang dir wo?
Mein erster Turniersieg als Pro war in Kreta auf der LET Access Series in 2012, aber der größte Sieg bisher war auf jeden Fall jener 2019 in Indien.
Wie lukrativ ist die European Ladies Tour eigentlich - kann man davon leben?
Wenn das Jahr so gut läuft wie 2019, dann ist es schon lukrativ, aber ich muss auch sagen, dass es ohne die Hilfe meiner Sponsoren die letzten Jahre auf jeden Fall schwieriger gewesen wäre. Daher bin ich unendlich dankbar für ihre kontinuierliche Unterstützung.
Die Diskrepanz bei den Preisgeldern zwischen Damen und Herren ist ja beträchtlich, ist da irgendwann ,,Besserung“ in Sicht?
Ich denke, dass es leider noch einige Jahre dauern wird, bis sich da etwas tut. In Europa alleine spielen wir um 10% der Preisgelder der Herren - haben aber den selben Aufwand, dieselben Kosten etc.
Was fällt dir spontan zu Olympia ein, bzw. wo würdest du als Teilnehmerin der Spiele 2016 in Rio de Janeiro den Stellenwert der Olympischen Spiele platzieren?
Nachdem ich aus einer sportbegeisterten Familie komme, und die Spiele immer einen hohen Stellenwert hatten, platziere ich sie schon sehr weit vorne. Wir haben zwar im Golf auch die Majors, aber dennoch ist es eine große Ehre, wenn man sein Land bei den Spielen repräsentieren darf.
Die Atmosphäre von Olympischen Spielen ist mit keinem anderen Sportevent der Welt zu vergleichen. Die Spiele in Tokio sind ganz klar ein großes Ziel.
GRÖSSTE ERFOLGE:
2020 – Czech Open, Platz 2
2019 – Hero Womens, Indian Open, Platz 1
2018 – Hero Womens, Indian Open, Platz 2
2016 - Teilnahme Olympische Spiele Rio de Janeiro
2015 - Bing Lee Fujitsu NSW Women's Open, Platz 2
2012 – Kreta, Ladies Open, Platz 1