Mythos Streif – die Geburtsstätte für Skilegenden
Text: Fred Steinacher, Foto: GEPA
Die Streif - eine Strecke der Superlative. Für die meisten die schwierigste und gefährlichste Abfahrt der Welt und ganz bestimmt die Berühmteste. 10 Frage an die Skilegenden Fritz Strobl alias "the cat", Hannes Reichelt und Stephan Eberharter.
Mausefalle, Steilhang, Hausbergkante – Passagen in denen während der Jahrzehnte Skiläufer zu Legenden und in den Ski-Olymp geadelt wurden. Wo aber auch viele Träume im Fangnetz, am Bergeseil des Hubschraubers und/oder in der Klinik endeten. Es ist ein Ski-Fest für tausende Fans. Fest steht - der Mythos Hahnenkammrennen lebt - alle Jahre wieder! Die bereits 82. Auflage findet vom 21. Jänner bis 23. Jänner 2022 statt. Diesmal mit zwei Abfahrten und dem traditionellen Slalom am Ganslernhang.
Was macht diese Streif so besonders, warum „elektrisiert" ausgerechnet dieses Rennen immer wieder die Sportfans weltweit? Der Mut, die Verwegenheit der Läufer, das Tempo (Michi Walchhofer wurde mit über 150 km/h gestoppt), die Atmosphäre mit fast 50.000 Fans (vor Corona) entlang der Strecke?
DREI Triumphatoren in Kitzbühel erinnern sich im Wordrap an die letzten Sekunden vor dem Start ihrer Siegesfahrten, an die Gedanken bei 140 km/h, die Gefühle im Ziel.
10 Fragen an ...
Fritz ,,the cat“ Strobl
... der 1997 den heute noch gültigen Streckenrekord (1:51,58) fixierte und fünf Jahre später Olympiagold in Salt Lake City holte.
*The cat: "Schleichende Fahrweise", Fritz war eher der gefühlvolle Abfahrer, nicht der kraftvolle.
1) Wie hast du dich auf die Streif vorbereitet? (körperlich wie auch mental)
Ich habe mich immer mit dem Team und Trainingsprogrammen des ÖSV vorbereitet, mit zunehmender Erfahrung habe ich auf meinen Körper und Instinkt gehört und so für mich angepasst. Bei jedem Konditionstraining - wenn’s anstrengend wurde, dachte ich an Kitz und die Streif, plötzlich war das überwinden kein Problem mehr. Mit Chi Gong-Übungen habe ich meinen Energie-Haushalt in Ordnung gebracht und von Doktor Thomas Woerz habe ich mir ein paar Psychologie-Tricks angeeignet.
2) Was zeichnet für dich persönlich die Streif aus?
Die Streif ist ein Mythos, die Strecke mit ihren Kriterien wie Mausefalle, Steilhangausfahrt, Hausbergkannte mit Traverse und Zielschuss - hat besondere Reize.
3) Welcher Abschnitt hat dich am meisten gefordert?
Von null auf 100 km/h in 6 Sekunden - schon alleine der Start war für mich immer eine gewaltige Überwindung.
4) Würdest du gerne nochmal die Streif bestreiten?
Nein danke, sicher nicht.
5) Was geht einem unter der Abfahrt durch den Kopf?
Nur mehr das was vor einem liegt – also vollste Konzentration.
6) Kannst du das Gefühl im Ziel in 3 Worten beschreiben?
Da gibt es zwei Varianten: „jawoi des passt“ oder „des wor nix“.
7) Was würdest du jungen Fahrern mitgeben denen die erste Streifabfahrt noch bevor steht?
Aktiv Skifahren und konzentriert bleiben dann geht das schon gut.
8) Welches Hahnenkammrennen wirst du egal ob selbst mitgefahren oder nicht – nie vergessen?
1997 - mein eigener Streckenrekord 1:51:58
9) Was hat sich seit deinem Streif Triumph verändert?
Naja, als Streckenrekordhalter zählt man dann schon bei den Abfahrern zu einer besonderen Elite. Früher als Rennläufer hab ich mit Fanclub, Freunden und Feuerwehrkameraden Streifausflüge gemacht. Seit dem Ende meiner Karriere im Rahmen von Führungskräfteseminaren Einblicke in die Welt des Rennläufers vermittelt und für die Zukunft sind Seminare und Schulungen für diverse Zielgruppen aus dem Umfeld der Polizei geplant. Außerdem bekommt man vom Ski Club heute noch immer eine Einladung für die Ehrentribüne – das ist toll.
10) Wo siehst du das Hahnenkamm Rennen in 10 Jahren?
Ich hoffe da sind dann wieder so viele Zuschauer wie vor zehn Jahren und wahrscheinlich gibt es dann auch ein neues Zielhaus. Für die Abfahrer wird die Streif auch in zehn Jahren noch eine riesige Herausforderung darstellen, da bin ich mir sicher.
Wahl-Tiroler Hannes Reichelt
... dessen Fahrt zum Sieg 2014 einem wahren Höllenritt glich - verständlich, denn der Salzburger hatte die Streif mit einem akuten Bandscheibenvorfall bezwungen.
1) Wie hast du dich auf die Streif vorbereitet? (körperlich wie auch mental)
Damit habe ich meistens schon am Montag begonnen und zwar mit einem schwierigen Super-G Training. Im Mittelpunkt - technisch anspruchsvolle Schwünge, und dazu ein paar Sprünge um die Spannung für das Rennen aufzubauen und hoch zu halten.
2) Was zeichnet für dich persönlich die Streif aus?
Das Rennen in Kitzbühel besitzt Kultstatus und das aus mehreren Gründen: die gefährlichste Strecke im Skizirkus, das unglaubliche Medieninteresse, die Fans und nicht zuletzt die Tatsache, dass ein Sieg auf der Streif in jeder Beziehung unglaublich viel Wert besitzt und Sieger zu Legenden ,,befördert“.
3) Welcher Abschnitt hat dich am meisten gefordert?
Für mich war das die Mausfalle – da hatte ich immer den Sturz von Hans Grugger im Kopf, mit dem ich ja schon als Bub gemeinsam gefahren bin. Also ehrlich, da bin ich nie mit dem ,,letzten Zacken“ gefahren.
4) Würdest du gerne nochmal die Streif bestreiten?
Nein, ganz bestimmt nicht. Wenn dann höchstens locker runter wedeln, aber nie mehr im Renntempo.
5) Was geht einem unter der Abfahrt durch den Kopf?
Ich war da immer voll konzentriert auf die wichtigen Passagen, die einstudierte Linie abzurufen, technisch sauber zu fahren. Anderseits - viel Zeit zum Nachdenken bleibt dir auf der Streif ohnehin nicht, vielleicht im Brückenschuss nach dem Steilhang um ganz kurz die ideale Position für die Einfahrt in die ,,alte Schneise“ zu programmieren.
6) Kannst du das Gefühl im Ziel in 3 Worten beschreiben?
Erleichterung, Erleichterung, Erleichterung.
7) Was würdest du jungen Fahrern mitgeben denen die erste Streifabfahrt noch bevor steht?
Auf die beste Linie vorbereiten, dann einmal eine Sicherheitsvariante vorschlagen. Vor allem aber ein anspruchvolles Super G-Training mit Sprüngen, Kurven usw. absolvieren, wie ich das ja auch immer gemacht habe.
8) Welches Hahnenkammrennen wirst du egal ob selbst mitgefahren oder nicht – nie vergessen?
Da brauche ich nicht lange nachzudenken, natürlich meine Siegerfahrt 2014. Die Nacht davor kaum geschlafen, die Schmerzen fast unerträglich, die Entscheidung für den Start im letzten Augenblick. Und dann mit Aksel Lund Svindal und Bode Miller am Podest. Überwältigend.
9) Was hat sich seit deinem Streif Triumph verändert?
Da hat sich natürlich einiges getan. Plötzlich kennen dich viel mehr Leute wie früher. Als Kind habe ich davon geträumt und dann gewinnst du wirklich in Kitzbühel. Dieser Sieg war enorm wichtig, irgendwie auch ein starker Trost für mich, weil ich keine Olympiamedaille eroberte.
10) Wo siehst du das Hahnenkamm Rennen in 10 Jahren?
Die Strecke wird ja kaum verändert werden, vielleicht ändert sich an der Streckenführung etwas, um die Läufer (immer besseres Material) ,,einzubremsen“. Ansonsten denke ich wird das HKR zunächst ein tolles Comeback – nach Corona – feiern und auch in zehn Jahren nicht viel vom Stellenwert für den Sport, die Fans, Medien usw. eingebüßt haben, vielleicht sogar noch populärer sein.
Stephan Eberharter
... der Zillertaler, zweimaliger Kitzbühel Sieger. Seine Siegesfahrt 2004, als Stephan mit 1,21 Sekunden Vorsprung auf Daron Rahlves im Ziel abgeschwungen hatte, gilt nach wie vor als die perfekteste Fahrt auf der Streif.
1) Wie hast du dich auf die Streif vorbereitet? (körperlich wie auch mental)
Ich habe mich auf jedes Rennen gleich vorbereitet - das war Teil der Routine.
2) Was zeichnet für dich persönlich die Streif aus?
Es ist die Geschichte rund um dieses Rennen.
3) Welcher Abschnitt hat dich am meisten gefordert?
Die ersten 30 & letzten 20 Sekunden.
4) Würdest du gerne nochmal die Streif bestreiten?
NEIN!!!
5) Was geht einem unter der Abfahrt durch den Kopf?
Vieles ist „automatisiert“ - man denkt nur daran, alles, wie besichtigt, zu erwischen.
6) Kannst du das Gefühl im Ziel in 3 Worten beschreiben?
Gott sei Dank!
7) Was würdest du jungen Fahrern mitgeben denen die erste Streifabfahrt noch bevor steht?
Nicht’s überstürzten - langsam herantasten.
8) Welches Hahnenkammrennen wirst du egal ob selbst mitgefahren oder nicht – nie vergessen?
Einfache Antwort: meine Fahrt 2004.
9) Was hat sich seit deinem Streif Triumph verändert?
- Wenn die Frage auf mich bezogen ist dann: Persönlich hat es mich nicht verändert, dafür hatte ich in meiner Karriere zu viel erlebt. Doch die Menschen sprechen mich noch immer auf dieses eine Rennen an. Es hat ihnen wohl sehr gefallen.
- Wenn es um das Rennen geht dann: Die Strecke ist immer die selbe, an einigen Passagen etwas mehr aus der Falllinie wie heute, das gleicht sich aber durch das schnellere Material wieder aus.
10) Wo siehst du das Hahnenkamm Rennen in 10 Jahren?
Ich sehe die Streif in 10 Jahren immer noch vom Hahnenkamm runterkommen. Außer man verlegt sie irgendwann auf’s Kitzbühler Horn.