
„Mauracher und Mohr“
Der Duft von zahllosen Bäumen auf der Bühne erfüllt den Raum und der Schein von Hunderten Kerzen. Denn die Szenerie in der Festhalle Fügen, in der im Dezember Schauspieler, Sänger, Bläser und „Klöpfler“ die Geschichte des Salzburger Priesters und Textdichters Joseph Mohr und des Orgelbauers Carl Mauracher aus Fügen auf die Bühne bringen, ist – wie das Stück selbst – stimmungsvoll und ruhig. Mitten in der hektischen Vorweihnachtszeit finden große und kleine Besucher einen Ort, an dem sie zuschauen und zuhören, Lieder und Geschichten auf sich wirken lassen können.
Geschichte auf die Bühne bringen
Dazu greift der Autor und Regisseur Hakon Hirzenberger, der mit Bernadette Abendstein Initiator und Leiter des Festivals Steudltenn in Uderns ist, auf eine historische Begebenheit zurück, die für die Verbreitung des Liedes „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ von besonderer Bedeutung ist: 1818, als Franz Xaver Gruber das Gedicht von Joseph Mohr vertonte, wünschte sich Mohr, damals Hilfspriester in Oberndorf bei Salzburg, dass die Orgel der Kirche St. Nikola repariert werden möge. Abhilfe sollte der Zillertaler Orgelbauer Carl Mauracher schaffen, der wegen des schlechten Zustands der Orgel einen Neubau empfahl und diesen auch 1824/25 ausführte. Bei einem dieser Besuche – ganz genau geben es die Quellen nicht wieder – soll er auf das Lied aufmerksam geworden sein und es ins Zillertal mitgenommen haben. Für dessen weltweite Verbreitung sorgten dann unter anderem die Zillertaler Sängergruppen, die im 19. Jahrhundert die Welt bereisten. Einem der wichtigsten Protagonisten aus der Zeit, Ludwig Rainer, widmete Hirzenberger bereits das Stück „Die Stillen Nächte des Ludwig Rainer“, das in den vergangenen Steudltenn-Saisonen sehr erfolgreich gespielt wurde.
Sänger und Bläser aus dem Tal
Die Geschichte von Mauracher und Mohr verwebt Hirzenberger nicht nur in einen fiktiven Briefwechsel zwischen dem Orgelbauer und dem Priester, er bindet auch historische Weihnachtslieder und -weisen mit ein, die in Fügen von Sängern, Bläsern und Klöpflergruppen aus der Region gesungen und gespielt werden. Jeweils drei solche Gruppen hat der musikalische Leiter Gerhard Anker ausgewählt. In die Rolle von Joseph Mohr schlüpft Nik Neureiter, Martin Leutgeb spielt Carl Mauracher und Bernadette Abendstein die Mutter Joseph Mohrs.
Alle singen „Stille Nacht! Heilige Nacht!“
Eine ganz besondere Rolle kommt der kleinen Sängerin zu, die – ein „richtiges Christkindl“, wie Bernadette Abendstein sagt – die Aufführung eröffnet und beschließt. Wenn das Mädchen am Ende ganz alleine „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ anstimmt und dann die Bläser einsetzen, ist das der wohl innigste Moment des Stückes. „Bei der dritten Strophe sind alle Zuhörer aufgestanden und haben mitgesungen“, erzählt Bernadette Abendstein von den Vorstellungen 2016, als das Stück uraufgeführt wurde, „wir alle auf der Bühne hatten Gänsehaut, so berührend war das.“



Mauracher & Mohr: Ein Stück Zillertaler Geschichte, vor allem ein Stück Weihnacht.
Fotos: Christian Wind
Nach dem Steudltenn ist vor dem Steudltenn
Wenn sie von solchen Momenten erzählt oder davon, wie sehr sich das Steudltenn-Team darüber freut, wenn das Publikum von nah und fern zu den Veranstaltungen im Sommer kommt, wird deutlich, wie viel Begeisterung und Herzblut in den Projekten stecken. Die Mischung aus regional verankerten Veranstaltungen und modernem internationalen Theaterproduktionen findet Jahr für Jahr mehr Anklang. Und selbst im Herbst, wenn das Theaterfestival zu Ende gegangen ist, finden sich überall auf dem Areal in Uderns sichtbare Zeichen dieses Lebens mit der Kultur zu finden: ein zwar verblühtes, aber immer noch eindrucksvolles Kunstprojekt, der Arbeitsraum – im Sommer zugleich Treffpunkt und Kartenbüro –, in dem noch am Bühnenbild für „Mauracher und Mohr“ gearbeitet wird, und nicht zuletzt der Steudltenn selbst, die ehemalige Scheune, die ein zweites Leben als Theatersaal geschenkt bekommen hat. Und selbstverständlich sind auch die Festivalmacher Abendstein und Hirzenberger in Gedanken noch ein wenig beim vergangenen, aber schon viel mehr beim zukünftigen Festival. Es wird geschrieben, geplant, organisiert und geprobt, auf dass jedes Jahr wieder etwas Neues, Überraschendes entstehen kann.
Mauracher und Mohr
„Geschichten und Lieder rund um die Stille Nacht“

Aufführungen:
13. + 14. Dezember 2019, 20 Uhr
15. Dezember 2019, 17 Uhr
Festhalle Fügen
Franziskusweg 1
6263 Fügen