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Kristina

Schutz und Erinnerung: das Alpinarium in Galtür.

Aktualisiert am 13.06.2018 in Kulturleben

Foto: Günter Wett
Foto: Günter Wett

„Mächtige Berge. Mächtige Bedrohung. Mächtige Erinnerung. Mächtige Mauer. Schutz, Geborgenheit. Dies ist nicht der Platz für Zartheit, kein Anschmiegen an die eine Wand, die 11 Tonnen pro m2 aushält, kein laszives Spiel mit ihr.“ Diese poetische Anwandlung des Innsbrucker Architekten Helmut Reitters ist einem Gebäude geschuldet, einzigartig in seiner Beschaffenheit und Form: das Alpinarium und seiner mächtigen Lawinenschutzmauer in Galtür.

Da wo sich das Ende des Tiroler Paznauntals zu einem breiteren Hochkessel auftut, liegt auf 1.600 Metern Höhe die kleine Ortschaft Galtür. Im Winter endet hier auch die Straße. Ein Ort mit vielen Geschichten, jahrhundertelangen Traditionen und einer Schicksalsnacht, die sich ins kollektive Gedächtnis Tirols gebrannt hat: Am 23. Februar 1999 löste sich vom Grat des Grieskopf eine Lawine und begrub 51 Menschen unter sich. Ein Teil der Ortschaft wurde zerstört. Das Alpinarium in Galtür ist in jener Lawinenschutzmauer untergebracht, die nach der Katastrophe im Februar 1999 errichtet worden ist.

Im Ost-West-Verlauf des Dorfes stößt man auf eine Mauer aus Stein: 345 Meter lang und 19 Meter hoch, grau und massiv. In der Mitte der Mauer wurde ein leicht geschwungener, knapp 140 Meter langer Baukörper eingefügt: das Alpinarium.

Dort wo früher die Schafe weideten, steht jetzt das Alpinarium. Foto: Alpinarium GaltürDort wo früher die Schafe weideten, steht jetzt das Alpinarium. Foto: Alpinarium Galtür

Der Winter naht

Da der Bau an jener Stelle steht, wo die Lawine die größten Schäden angerichtet hat, wird er einerseits zum Ort der Erinnerung an die Katastrophe; andererseits wird er durch seine schützende Funktion für das Dorf und durch die Inhalte des im Alpinarium enthaltenen Forschungs- und Dokumentationszentrums selbst zum Symbol des Neuanfangs. Aufgrund des damaligen Zeitdrucks vor dem nächsten Winter wurde vom Entwurf des Landecker Architekten Friedrich Falch zunächst nur das Untergeschoss sowie der östliche Abschnitt mit den Räumlichkeiten für die Einsatzkräfte wie Feuerwehr und Bergrettung komplett ausgebaut – das Herzstück, das eigentliche „Alpinarium“ wurde noch im Rohbau belassen. Im herkömmlichen Sinn versteht man unter einem „Alpinarium“ eine künstlich gestaltete Alpenlandschaft im Freien. Das junge Bieler Architekturbüro Sollberger Bögli bekam die Möglichkeit, ein Konzept zur Gestaltung des Alpinariums zu erarbeiten, das in Kombination mit Installationen weiterer Architekten im Mai 2003 eröffnet wurde. Das Konzept verlegt die alpine Thematik jedoch in den Innenraum. So wird eine Szenerie gebildet, die das heterogene Raumprogramm aus Ausstellungs-, Gedenk- und Seminarräumen sowie Klettergarten und Hörsaal inhaltlich und gestalterisch zusammenhält und auch den schützenden Aspekt des Gebäudes hervorhebt.

Die Lawinenschutzmauer aus massiven Stein, Beton und Stahl soll das Dorf vor weiteren Lawinen schützen. Foto: Günter WettDie Lawinenschutzmauer aus massiven Stein, Beton und Stahl soll das Dorf vor weiteren Lawinen schützen. Foto: Günter Wett

Zurückhaltende Symbolik

Die durch Holz geteilte Glasfassade verleiht dem Bau ein eher unauffälliges aber modernes Aussehen – im westlichen Teil befindet sich das eigentliche Dokumentationszentrum. Am Haupteingang bildet die leuchtend weiße Steinwand aus 30 Tonnen schweren Alabastersteinen einen spannungsvollen Kontrast zu dem hinter dem Gebäude aufragenden Massiv des Grieskopfs. Von der Ferne erweckt die Wand den Eindruck von verdichtetem, hinter Glas gefasstem Schnee. Aber sie steht für Sicherheit. Im Inneren des Gebäudes wiederum vermutet man nicht, dass die lange, steinerne Lawinenschutz-Aufschüttung an der Rückwand des Gebäudes lehnt. Geschweige denn wie unglaublich massiv deren Tragstruktur ist: Um die notwendige Sicherheit für die Ortschaft zu gewährleisten, wurden mehr als 7.000 Kubikmeter Beton und 800 Tonnen Stahl für die Konstruktion verarbeitet. Die enormen Horizontalkräfte einer möglichen Lawine können so über Wände, Pfeiler und Stützen in den Boden abgeleitet werden.

Das Alpinarium mit den steilen Hängen des Grieskopfs im Hintergrund. Foto: Günter WettDas Alpinarium mit den steilen Hängen des Grieskopfs im Hintergrund. Foto: Günter Wett

Wo wir wieder bei der Grundidee wären: Das Alpinarium in seiner Form und mit seinen unterschiedlichen Funktionen ironisiert und verfremdet die Bergwelt und seine Gefahren, um sie so vom Abrutschen ins Klischee zu bewahren. Das Alpinarium erhebt nicht den Anspruch ein schweigendes Memento zu sein, noch ein Ort der Trauer. Es steht für Bewusstsein, Schutz und – trotz allem – der Liebe zu den Bergen.

Das Alpinarium Galtür hat bis 18. Oktober 2015 jeden Tag außer Montag von 10:00 bis 18:00 geöffnet. Im Augenblick ist die Sonderausstellung „Mythos Piz Puin“ zu bestaunen. Ab 23. Juni 2015 warten neue, spannende Ausstellungen, Führungen und Vorträge auf Besucher.

Kristina Erhard war schon viel unterwegs, am liebsten in Afrika. Immer wieder hat es die studierte Geografin aber zurück in die Heimat gezogen - bis sie schließlich in Tirol ihr Zuhause gefunden hat und nun auf ihrem Blog „G’spür“ mit viel Begeisterung schreibt, was sie hier sieht, fühlt und schmeckt.

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