Nachtaktive Bananenschachteln, ein Turm voller Kunstwerke und die höchste Auszeichnung der Republik. Im Ötztal wurden drei historisch gewachsene Kulturorte zu einem einzigen Museum zusammengefasst. Die Leiterin Edith Hessenberger führt uns durch die Ausstellungen der Ötztaler Museen.
Die Kulturwissenschaftlerin Edith Hessenberger leitet seit 2018 die drei Ötztaler Museen.
Drei Museen, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit perfekt ergänzen: Mit dem Gedächtnisspeicher wurde im Ötztal eine Institution zur Bewahrung der Geschichte geschaffen. Dazu gehört auch der urtümliche Dialekt, der von der UNESCO zum „immateriellen Kulturerbe“ erklärt wurde. Das Turmmuseum wiederum regt zur Auseinandersetzung mit Selbst- und Fremdbildern an und im Heimat- und Freilichtmuseum geht es um den bergbäuerlichen Alltag früherer Tage.
2021 wurden die Ötztaler Museen dafür sogar mit dem Österreichischen Museumspreis ausgezeichnet, dem renommiertesten Museumspreis des Landes. Das ist mitunter der Verdienst von Edith Hessenberger, der Leiterin der Ötztaler Museen. "Wir erforschen auch laufend neue Themen, etwa das Verständnis von Heimat oder die Tourismusgeschichte", sagt die Kulturwissenschaftlerin bei unserem Rundgang.
1. Regionalmuseum ganz groß – der Gedächtnisspeicher in Längenfeld
Fotografien und Arbeitsgeräte erzählen im Heimatmuseum vom Leben in früheren Tagen
Erste Station: Der Gedächtnisspeicher ist in einem alten Bauernhaus in Längenfeld untergebracht. Auf dessen Schwelle findet Edith Hessenberger immer wieder herrenlose Bananenschachteln. Darin entdeckt sie dann Steigeisen, Bratpfannen oder Werkzeuge, die aus der Zeit gefallen sind. Ihre Geschichte bleibt meist im Dunkeln. „Das ist sehr schade“, sagt die Museumsleiterin. „Denn jedes Objekt, das wir aufnehmen, sollte an eine Geschichte gekoppelt sein.“ Erst dadurch bekommen die Stücke eine Bedeutung.
Der Gedächtnisspeicher ist der jüngste Teil der Museumsarbeit im Ötztal. Das Haus bietet Raum für wissenschaftliche Arbeit, Veranstaltungen und ein Archiv. Alle, die sich für das Ötztal und seine Geschichte interessieren, sind willkommen: um zu forschen oder in Büchern zu stöbern, um eigene Erinnerungen einzubringen oder einfach für einen „Håangarcht“ - also eine Plauderei - auf der Bank vorm Haus.
2. Ein Dorf im Dorf – das Heimatmuseum in Längenfeld
Einst ein Teil des Dorfes wandelte sich dieses Häuserensemble in Längenfeld zum Freilichtmuseum.
Nächster Stopp: Der Gedächtnisspeicher steht nicht allein, er gehört zu einem Ensemble – einem Dorf im Dorf mit Heimatmuseum, Wirtschaftsgebäuden, Museumsgarten und Mühle. Das bäuerliche Leben ist hier allgegenwärtig: beim Brotbacken im Ofen, beim Holzschneiden in der Säge oder bei der Erdäpfelernte im Garten. Vielleicht, weil sich das Ötztal schon vor Jahrzehnten durch die Tourismuswirtschaft rasch veränderte, begann man früh damit, alte Häuser und ihr Inventar zu bewahren.
Auch ihren besonderen Dialekt tragen die Ötztaler:innen mit Feuereifer zusammen, dieser wurde von der UNESCO sogar zum „immateriellen Kulturerbe“ erklärt. Ein „Håangarcht“ ist im Ötztal eine Plauderei, „onfirchtlach“ heißt appetitlich, „schnööznhoorig“ vollkommen ermüdet – so lehrt uns das Dialektwörterbuch auf der Website das Heimatmuseums. „Dialekt ist ein Steckenpferd aller Regionen“, sagt die Museumsleiterin Edith Hessenberger, die selbst aus Salzburg stammt. „Es ist die Sprache der Großeltern, mit der viele emotionale Erinnerungen verbunden sind.“
Geöffnet von Mais bis Oktober. Der Eintritt ist frei.
3. Möbel, Skulpturen und Gemälde im Turmmuseum in Oetz
Im herrschaftlichen Ansitz in Oetz fand die Sammlung von Hans Jäger Platz, aus dem Turm wurde ein Turmmuseum.
Last, but not least gibt es ein gänzlich andere Seite des Ötztals in Oetz zu entdecken. Dort, in einem 600 Jahre alten Adelssitz, befindet sich das dritte der Ötztaler Museen. Das Turmmusem zeigt die Kunstsammlung des Autodidakten Hans Jäger, der im Laufe seines Lebens 5.000 Malereien, Skulpturen, Grafiken und weitere kunsthistorische Objekte über Tal und Berge zusammengetragen hat.
Ein Teil davon schmückt nun die Wände und Räume des herrschaftlichen Gebäudes und ergänzt die bäuerliche Welt des Heimat- und Freilichtmuseums um die herrschaftliche und die Kunstwelt. Nicht zuletzt wegen dieser Vielfalt nennt Edith Hessenberger „ihre“ drei Häuser ein „Regionalmuseum im besten Sinne“. Dass sie 2021 dafür mit dem Österreichischen Museumspreis ausgezeichnet wurden, ist nur das Tüpfelchen auf dem I.
Geöffnet von Mitte Dezember bis Ostern und von Anfang Juni bis Ende Oktober. Führungen nach Anmeldungen auch außerhalb der Öffnungszeiten. Der Eintritt ist frei.
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