Das Wunder von Wörgl
Dass mitten in der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er-Jahre eine Tiroler Kleinstadt einen Aufschwung erlebt, war nicht nur in der damaligen Zeit kaum zu glauben. Die spannende Geschichte um das „Wörgler Freigeld“ wurde mit der Unterstützung von Cine Tirol verfilmt.
Wirtschaft statt Krise
Aber von Anfang an: 1932 steckte die Welt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Der Börsencrash von 1929 hatte globale Auswirkungen und mächtige Länder wie die USA kämpften ebenso mit Arbeitslosigkeit, Armut und Bankinsolvenzen wie kleine Staaten wie die seit dem Ende des Ersten Weltkriegs bestehende Republik Österreich. In Tirol traf es einige Städte – etwa Schwaz, das sich schon zuvor mit dem Bau der Patscherkofelbahn verschuldet hatte – besonders hart, und auch die 4.000-Seelen-Gemeinde Wörgl hatte einen rigorosen Sparkurs eingeschlagen.
Der Film setzt an dieser Stelle der Geschichte an, als der durch Losentscheid zum Bürgermeister ernannte Michael Unterguggenberger ein paradoxes Experiment wagte: Er führte, angeregt von den Theorien des Ökonomen Silvio Gesell, ein sogenanntes Schwundgeld ein, das in Wörgl selbst gedruckt wurde und mit dem Arbeiten bezahlt wurden. Das Besondere daran war, dass das Wörgler Freigeld Monat für Monat an Wert verlor, man es also ausgeben musste, um den vollen Betrag nützen zu können.
Das Geld in Umlauf bringen
Durch das Wörgler Freigeld konnte die örtliche Wirtschaft wieder angekurbelt werden, weil das Geld zirkulierte. Unterguggenberger setzte dem Sparkurs ein Ende, plante den Bau von Brücken und anderen öffentlichen Gebäuden, die Wiedereröffnung der Zellulosefabrik und die Reparatur der Straßen. Das Projekt war so erfolgreich, dass die Kunde davon bis nach Frankreich und in die USA gelangte – und dass es nach zwei Jahren von staatlicher Seite wieder unterbunden wurde.
Markovics wird Bürgermeister
Der TV-Film von Urs Egger nach dem Drehbuch von Thomas Reider wurde in Tirol (wenngleich nicht im heute für eine Filmkulisse zu modernen Wörgl) gedreht, unter anderem waren Hall und Ampass Schauplatz der Geschichte um den „Geldmacher“. Besondere Freude löste das beim Leiter von Cine Tirol Johannes Köck aus, erfüllt doch „Das Wunder von Wörgl“ alls Kriterien für einen förderungswürdigen Film: Er spielt in Tirol, ist in Tirol gedreht, basiert auf einer wahren Geschichte und ist auch mit Tiroler Schauspielern besetzt.
Überhaupt liest sich die Liste der Darsteller hochkarätig: Neben Karl Markovics, der Michael Unterguggenberger spielt, sind Verena Altenberger als Unterguggenbergers Ehefrau Rosa, Harald Windisch als Apotheker Stawa und Andreas Lust als Metzger und nationalsozialistischer Gegenspieler Unterguggenbergers im Film zu sehen. Erwartungsgemäß wurden bei der Premiere am 15. November 2018 in Wörgl Film und Darsteller vom Publikum gefeiert.
Knoedel machen dazu Musik
Die Geschichte hat übrigens schon mehrfach Künstler zu einer Aufarbeitung inspiriert, etwa den Komponisten Werner Pirchner, der 1998 bis 2001 „Wörgler Freigeld“ für Symphonieorchester komponierte und damit der Academia vocalis in Wörgl zum damals 10-jährigen Jubiläum seine Reverenz erwies.
Die Musik zum aktuellen Film stammt vom Komponisten, Fagottisten und Zitherspieler Christof Dienz, der mit der wiedervereinigten Kammermusikformation „Knoedel“ den Soundtrack aufgenommen hat – die Musiker sind nicht die einzigen, die sich für die Geschichte begeistern konnten.
Der Erfolg … und sein Ende
Bleibt nur noch eine Frage: Wenn die Einführung des Schwundgeldes so große Erfolge zeitigte, warum wurde das Projekt nicht fortgeführt oder auch in anderen Städten und Ländern aufgegriffen? Es liegt wohl daran, dass die Wörgler das Projekt nach zwei Jahren beenden mussten: In einem marktwirtschaftlich geprägten Staat wie Österreich war es schlichtweg verboten, eigene weniger kapitalistische Geldkonzepte zu entwickeln und sich sein eigenes Geld zu drucken.