MTB Region im Check: Enduro Trails im Dreiländereck bei Nauders am Reschenpass
Mit den Alutech Green Days startet Nauders am Reschenpass alljährlich in die Bikesaison. Ich durfte mir das Trail-Eldorado im Grenzland schon vorab ansehen und ausgiebig testen. So viel sei schon mal verraten: Es war sicher nicht mein letzter Besuch in Nauders.
Die Anreise: lang, aber lohnend
Zugegeben, Nauders liegt nicht gerade ums Eck und ist mit Öffis nur schwer bis kaum erreichbar. Ein eigener motorisierter Untersatz ist daher obligatorisch. Dafür lohnt die Fahrt – die ab Innsbruck rund anderthalb Stunden dauert – ins oberste Inntal. Die Strecke in Richtung Reschenpass ist lang, dafür wildromantisch. Nächstes Mal plane ich jedenfalls eine halbe Stunde Fahrtzeit extra ein und sehe mir das martialische Militärgebäude genauer an, das in der Schlucht kurz vor Nauders in den Fels gebaut wurde.
Unterkunft/Service
Nauders ist eine Tourismusregion und wartet daher mit der gesamten Bandbreite an möglichen Unterkünften auf. Auf booking.nauders.com könnt ihr aus mehr als 200 Hotels und Quartieren wählen. Im Ort stehen auch ausgewiesene Bike-Hotels zur Verfügung, die sich speziell der Bedürfnisse radelnder Gäste annehmen. Die Liste aller Bike-Unterkünfte in Nauders (und Tirol insgesamt) findet ihr auf www.tirol.at/bikeunterkuenfte.
Wer es individueller mag, der kann in Nauders auch direkt vor Ort campen. In Sachen Bikeverleih und Guiding bietet Nauders einiges. Vor Ort stehen vier Anbieter zur Auswahl, die vom Verleihbike bis zum Profi-Guide alles anbieten. Dieser Service wird übrigens während der Sommersaison sieben Tage die Woche geboten. Nähere Infos dazu findet ihr auf der Website www.nauders.com/enduro.
Trails: Enduro oder Allmountain?
Vorweg: Wer den 3-Länder-Enduro voll auskosten will, sollte auf die Doppelbrücke verzichten und das Enduro- oder Allmountain-Bike einpacken. Aber auch reine Downhiller kommen hier auf ihre Kosten, wenn sie Strecken wählen, die ohne Transferpassagen auskommen, wie etwa am Mutzkopf. Ich selbst habe mich für Allmountain entschieden und damit die perfekte Wahl getroffen.
Nauders bietet aktuell 18 Trails an, die durch vier verschiedene Bergbahnen erschlossen sind. Die Streckenvielfalt ist groß und reicht vom wirklich spaßigen Einsteiger-Trail bis zur knackigen Herausforderung für erfahrene Biker. Mein Tipp ist, das Ganze als Rundkurs in Angriff zu nehmen. Der Parkplatz an der Schönebenbahn ist dafür der perfekte Ausgangspunkt. An der Talstation ist das Tagesticket erhältlich, das für alle Bergbahnen gilt.
Schöneben-Trail: Wurzeln und Flow
Von der Schöneben Bergstation geht es über den gleichnamigen Trail gleich rassig bergab. Bei Nässe wegen der zahlreichen Wurzeln eine durchaus fordernde Abfahrt, die naturbelassen im Wald neben der Skipiste angelegt wurde. Aber schon nach wenigen Metern stellt sich der Flow ein. Hat man gut ein Drittel absolviert, bietet sich die Gelegenheit, in Fahrtrichtung links in Richtung 3-Länder-Trail abzubiegen. Allerdings bedeutet das einen rund 30minütigen, moderaten Uphill über die Transferpassage. Ich rate dringend zu einem Boxenstopp an der Reschenhütte, die direkt am Weg liegt und mit grandiosem Ausblick und regionalen Köstlichkeiten für die Strapazen entschädigt.
3-Länder-Trail: Der vielleicht kurzweiligste Waldtrail Tirols
Wenige Transfer-Minuten nach der Hütte startet der 3-Länder-Trail. Leider zogen Nebelschaden auf, als ich gerade am Start war, und raubten mir die Sicht auf das italienisch-schweizerisch-österreichische Gebirge. Aber halb so wild, denn für Landschaftsbewunderung blieb am Trail ohnehin keine Zeit. Erstes Highlight ist die lange Holzsteg-Passage, die über ein ausgedehntes Hochmoor führt. Der hölzerne Weg lässt ziemliches Tempo zu und windet sich in leichtem Auf und Ab durchs Moor – Prädikat besonders flowig. Danach folgt ein etwas knackigerer Teil durch den Hochwald, der direkt zu einem beschaulichen Bergsee führt. Den Abschluss bildet einer der kurzweiligsten Waldtrails, den ich in Tirol bisher fahren durfte. Wurzelteppiche, die so breit sind, dass sie mindestens 15 verschiedene Lines zulassen, von denen eine besser als die andere ist. Und das Beste am 3-Länder-Trail – neben der unwirklichen Tatsache am Bike mal eben über das Hoheitsgebiet von gleich drei Staaten zu brettern: er endet dort, wo die Mutzkopf-Trails beginnen.
Mutzkopf: Ein Berg, vier Trails
Hier habt ihr nun die Qual der Wahl, denn am Mutzkopf warten insgesamt vier Trails. Der Elven Trail ist der schwierigste unter ihnen, aber für alle halbwegs versierten Trailrider problemlos machbar. Der Kreuzmoos Trail, der Green Trail sowie der Obere Gerry Trail sind als mittelschwer eingestuft. Mein absoluter Favorit war der Obere Gerry Trail, der Fahrspaß pur bietet. Diese Strecke ist wahrlich ein Gedicht und für Allmountain-Bikes sowie Enduro-Bikes wie geschaffen. Das Trail-Design hat sich an den natürlichen Gegebenheiten orientiert, es kommt ohne künstliche Bauten aus. Dafür wurde das Terrain wirklich perfekt genutzt, wie ich es so noch kaum woanders gesehen habe. Wobei sich gerade der Mutzkopf mit seinen Varianten auch perfekt für Downhiller eignet. Wer lieber mit Doppelbrücke und Vollvisierhelm unterwegs ist, wird hier mit dem großen Pferdchen jede Menge Spaß haben. Allerdings geht es nicht per Gondel wieder bergauf, sondern im Doppelsessellift. Dafür ist das Liftpersonal freundlich und hilft gerne beim Ein- und Ausstieg.
Mein Plan vom Rundkurs um den Reschensee scheiterte aus Zeitgründen am Mutzkopf. Ich konnte nicht widerstehen und fuhr mehrmals wieder per Sessellift hinauf. Aber zumindest die Station Bergkastel wollte ich noch einbauen. Um zur Talstation auf der anderen Seite zu gelangen, habe ich den Gerry Trail genommen und mich am Ende eher (in Fahrtrichtung) rechts gehalten. Achtung, hier ist die Beschilderung noch etwas verbesserungswürdig. Aber ihr könnt euch auch einfach optisch am Gegenhang orientieren, wo die Gondelbahn hinauf zum Bergkastel deutlich zu sehen ist. Unten bedarf es einer ganz kurzen Tretpassage entlang der Bundestraße, um zur Talstation zu gelangen. Tipp: Die – nicht ohne Grund – illegale (vgl. unübersehbare Beschilderung) Abkürzung über die Wiese besser auslassen. Denn der vermeintliche Sprung mit uneinsehbarer Landung am Ende dieses Short Cuts katapultiert einen direkt auf die recht viel befahrene Bundesstraße.
Plamort-Trail: Übers Hochplateau hinab zum Reschensee
An der Bergstation Bergkastel angelangt lädt die riesige Terrasse des dortigen Restaurants zu einem neuerlichen Zwischenstopp ein. Nauders liegt selbst schon auf knapp 1.400 Meter und die Bergstation dementsprechend bereits an der Baumgrenze. Nachmittags verwöhnt die Sonne diesen Hang, weshalb ich mir diesen Trail für den Abschluss aufgespart habe. Vom Bergrestaurant führt derzeit noch eine kurze Transferpassage mit Uphill zum Einstieg des Plamort Trails. Doch Nauders hat bereits einen weiteren Trail projektiert, der direkt an der Bergstation startet und noch heuer gebaut werden soll. Am Start des Plamort Trails angelangt, heißt es nochmal alle Kräfte zu mobilisieren, denn die Abfahrt ist ziemlich lang und verlangt bisweilen auch noch Beinschmalz. Sie führt über das malerische, namensgebende Hochplateau und überquert dabei die österreichisch-italienische Grenze. Es geht mitten durch die alten Panzersperren und vorbei an verlassenen Bunkern aus Weltkriegs-Tagen. Hier kommen Historiker voll auf ihre Kosten. Zudem ist der Ausblick auf den Reschensee unbeschreiblich. Ganz nebenbei ist der Plamort Trail selbst Fahrspaß pur und darf bei keinem Nauders-Trip fehlen. Hier haben die Trail Builder, allen voran Daniel Tulla, ganze Arbeit geleistet. Der Plamort Trail endet praktisch im Ort Reschen und entlang des Radwegs am Reschensee ist man in wenigen Minuten zurück am Ausgangspunkt der Runde, der Talstation Schöneben Bahn.
Haideralm-Trail: Eine Kraftprobe
Wer nun noch Zeit und Kraft hat, fährt wieder mit der Schöneben Bahn auf und quert hinüber Richtung Haideralm. Hier erwartet euch der herausforderndste Trail der Region. Der Haideralm Trail ist mit 3,2 km, die es wahrlich in sich haben, eine Ansage. Bike-Beherrschung ist Voraussetzung um diese Strecke zu meistern. Zudem sind auf der Südtiroler Seite jüngst eine ganze Vielzahl neuer Trails entstanden, die ich selbst noch nicht kenne, aber sicher heuer noch unter die Stollenreifen nehmen werde.
Ein Tipp noch, solltet ihr ebenfalls eine Tour in Nauders planen: Behaltet die Betriebszeiten der Bahnen im Auge, um am Ende nicht am völlig anderen Ende des Gebietes zu landen, ohne Möglichkeit, nochmal aufzufahren. Zwar ist es auch kein Beinbruch, entlang des Sees zurück zum Auto zu pedalieren, aber wenn derartige Trails zur Verfügung stehen, ist jeder Meter auf Asphalt einer zu viel. Nauders bietet unter www.nauders.com/enduro einen guten Überblick über alle Trails.
Preis: Fair und moderat
Vier Bergbahnen und insgesamt 18 Trails bietet die Region. Und trotzdem ist der Preis für die Tageskarte mit 29 Euro moderat. Wer ein ganzes Wochenende am Reschenpass verbringt, sollte den Dreitagespass für 62 Euro in Betracht ziehen. (Stand: Sommer 2017)
Events
Nauders hat sich in der kurzen Zeit als Bike-Region bereits mit Events einen Namen gemacht. Ich hab mir im Herbst 2015 die Alutech Yellow Days vor Ort angesehen und war begeistert. Ein beliebter Treffpunkt für Trailbiker ist auch der jährliche Saisonbeginn mit den Alutech Green Days.

Und wer sich gern sportlich mit anderen messen will, der hat Ende August im Rahmen des 3-Länder-Enduro-Rennens Gelegenheit dazu. Nähere Infos dazu findet ihr laufend auf der Homepage der Region unter www.nauders.com/bike. Ansonsten ist Nauders eher ein beschaulicher Ort in Sachen Mountainbike-Events.
Fazit: Liebe auf den ersten Blick
Perfekte, naturbelassene Trails inmitten atemberaubend schöner Hochgebirgslandschaft. Ich hab mich Hals über Kopf in Nauders verliebt und zu meinem Lieblingsspot in Tirol erkoren. Vielleicht nicht die beste Ansage in Folge 1 der Locationcheck-Serie, aber ich lasse mich ja gerne positiv überraschen. Was mich persönlich am 3-Länder-Enduro am meisten reizt, ist das Gefühl, den Berg für sich allein zu haben, ohne dafür auf tolle Trail-Infrastruktur verzichten zu müssen. Das weitläufige Gebiet und die unglaubliche Vielzahl an Trails machen es möglich.
Hier noch ein stimmungsvoller Videoeindruck zum Abschluss:
