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Back to the Future

23.11.2023 in Magazin, Fotos: Bert Heinzlmeier

Wie die Zeit vergeht: Als unsere Autorin erstmals im Hotel Bär übernachtete, war das Logo ein schlafender Kuschelbär – heute sieht der Bär stark aus und groß.Wie die Zeit vergeht: Als unsere Autorin erstmals im Hotel Bär übernachtete, war das Logo ein schlafender Kuschelbär – heute sieht der Bär stark aus und groß.

Im Jahr 1981 verbrachte unsere Autorin im Hotel Bär in Ellmau ihren ersten Hotelurlaub. Gut vierzig Jahre später kehrt sie mit ihren eigenen Kindern zurück und trifft auf den Sohn des damaligen Hoteliers, der das Haus heute führt. Alles hat sich verändert und doch ist vieles gleich. Oder?

Erinnerungen sind wie Sonnenstrahlen, die der Gegenwart ihr wärmendes Licht geben“, steht auf dem DINA4- Ausdruck unter dem Titel „Für unsere Gäste“. Das passt.

Kalendersprüche und Bergbauernweisheiten, die jeden Morgen auf dem Frühstückstisch liegen, gehörten für mich schon als Kind zu dieser besonderen Ferienhotel-Atmosphäre, die ich bis heute spüre: Es ist eigentlich übertrieben, sich so bekochen, bedienen, verwöhnen zu lassen. Fast ein bisschen kitschig. Und gerade deshalb so besonders und schön.

In Hotels fühle ich mich oft wie aus der Zeit gekippt. Das erste freundliche Lächeln an der Rezeption versetzt mich schon in einen wohlig warmen Zustand, in dem ich die Kontrolle über den Planungswahnsinn unserer vielköpfigen Familie tief unten in der strahlend weißen Hotelbettwäsche versenke.

40 Jahre ist es her, dass ich diesen Check-in-Moment vielleicht zum ersten Mal erahnt habe: genau hier, im Hotel Der Bär in Ellmau in Tirol, das damals noch schlicht Bär hieß. Der erste Hotelaufenthalt meines Lebens. Nun kehre ich in genau dieses Hotel mit meinen eigenen Kindern zurück. 40 Sommer. 40 Winter. Eine kleine Ewigkeit? Gewiss, die Welt hat sich kaum je schneller weitergedreht als in diesen vier Jahrzehnten. Aber wie lang ist eine Ewigkeit an einem Ort, an dem man aus der Zeit kippt?

1981 war ich fünf Jahre alt, wir reisten mit meinen Großeltern an, und ich erinnere mich an drei vage Dinge aus diesem Urlaub. Erstens an das Hotellogo, einen unglaublich süßen, zusammengekuschelten Bären. Noch Jahre später lag in unserer Bastelkiste ein Papierblock mit diesem Bilderbuchbären. Zweitens erinnere ich mich, dass es ein Schwimmbad im Hotel gab, was sich damals enorm luxuriös anfühlte, meine Badehose war blau mit kleinen weißen Fischen drauf.

1968, im Jahr der Eröffnung des Hotel Bär, war das Wort Wellness noch
unbekannt. Gemacht hat man es natürlich trotzdem. Ab 1972 mit hauseigenem Haarsalon.1968, im Jahr der Eröffnung des Hotel Bär, war das Wort Wellness noch unbekannt. Gemacht hat man es natürlich trotzdem. Ab 1972 mit hauseigenem Haarsalon.

Und drittens daran, dass meine elf Monate jüngere Schwester immer weinte, wenn wir sie in der hoteleigenen Kinderbetreuung Miniclub abgaben. Danach durfte ich dann endlich zu Toni – erster Skilehrer-Crush – in den Skikurs. Im Abschlussrennen trug ich das Trikot mit der Nummer 100, wobei diese letzte Erinnerung wahrscheinlich dem einzigen Foto geschuldet ist, das es aus diesem Urlaub noch gibt: Ich, Schneepflug, zwei Zöpfe unter der Mütze und Zunge raus – mein Markenzeichen in Momenten absoluter Konzentration, bis heute.

Ein fremder, vertrauter Raum

Ein einziges Foto aus einem Familienurlaub: Allein das zeigt, wie viel Zeit seitdem vergangen ist. Auch das Hotellogo sieht heute anders aus, der Bär ist erwachsen geworden, nicht mehr so kuschelig, er steht nun aufrecht da und stark und sieht eher aus wie ein alpiner Vetter des Berliner Bären. Zum Glück finde ich das alte niedliche Logo aber auf einem suchenden Rundgang auch im Jahr 2023 noch im Der Bär, etwa auf den Silberkännchen am Frühstückstisch oder einem alten Flaschenöffner im Zimmer.

Auf einer Silbertasse findet unsere Autorin noch das alte Logo des Hotels, das sie als Fünfjährige geliebt hat.Auf einer Silbertasse findet unsere Autorin noch das alte Logo des Hotels, das sie als Fünfjährige geliebt hat.

Das Hotel ist in weiten Teilen frisch renoviert, helles Holz, große Fenster, klares, warmes Licht. Aus dem alten Schwimmbad ist nach Umbauten und Erweiterungen des Hauses heute ein Teil des Essbereichs geworden. Aber natürlich gibt es einen neuen Pool, einen ganzen Wellnessbereich mit Saunen und Außenbecken. Blau glitzert der Stein am Boden des Beckens. Meine Kinder verkünden nach der Inspektion sofort, dass sie einen Tag nicht Ski fahren werden, sondern „nur schwimmen wollen“.

Manche Teile des Hotels sehen noch immer ein bisschen aus wie früher. Die Kinder flitzen über die endlosen Teppichflure, wie nur Kinder flitzen können. Auch ich konnte so flitzen. Ich weiß noch genau, wie es sich anfühlte, wenn man auf Socken auf Maximalgeschwindigkeit beschleunigt und am Ende eines der langen Flure aus vollem Lauf den Boden entlang rutscht und zum Liegen kommt.

In Ellmau lerne diesmal nicht ich Ski fahren, sondern unser jüngstes Kind: Holly, gerade drei Jahre alt geworden, will unbedingt auf die Piste. Für einen Skikurs ist sie noch ein bisschen zu klein, finden wir. Aber ausprobieren wollen wir es trotzdem. Ich selbst habe das Skifahren, das Spiel mit Berg und Schnee, damals im Kurs mit Toni lieben gelernt und nie wieder damit aufgehört.

Ich? Zu klein zum Skifahren? Die drejährige Holly will ihren großen Brüdern nachfahren.Ich? Zu klein zum Skifahren? Die drejährige Holly will ihren großen Brüdern nachfahren.

Kein Kaiserwetter über dem Wilden Kaiser: Aber die dramatischen Wolken stehen dem Gebirge eigentlich eh besser.Kein Kaiserwetter über dem Wilden Kaiser: Aber die dramatischen Wolken stehen dem Gebirge eigentlich eh besser.

Und auch wenn mein Mann und ich immer häufiger über den fortschreitenden Klimawandel und unseren eigenen CO₂-Output nachdenken, fahren wir doch immer wieder mit unseren
Münchner Kindern in den Skiurlaub – einfach, weil es für uns selbst zeitlebens so viel Glück bedeutet hat. Wir versuchen einfach, so oft wie möglich für den Weg in die Berge auf das Auto zu verzichten. Und ein bisschen länger zu bleiben, wenn wir schon einmal dort sind, so dass sich die Anreise wenigstens wirklich lohnt.

Die Welt ändert sich

Solastalgie nennt sich das nostalgischbelastende Gefühl des Verlusts, das entsteht, wenn man direkt miterlebt, wie sich die eigene Heimat verändert. Und man kann sagen: Ich bin sehr solastalgisch unterwegs in diesen Zeiten, vor allem wenn ich im Hochwinter meine Skisachen packe und in die nahen Berge fahre, die oft noch nicht so aussehen, als hätte die kalte Jahreszeit schon begonnen. Am Hotel Der Bär zieht in diesen Tagen ein Kunstschneestreifen direkt am Haus vorbei. Wer will, kann dort einsteigen in die Skibindung, ein paar Meter nach unten zur Talstation wedeln und sich dann hinaufgondeln lassen in das großzügige Skigebiet Wilder Kaiser/Ellmau, wo tatsächlich makellose Pisten warten.

Tagsüber lockt heute wie gestern die Piste – und wie gut das funktioniert, das Herumflitzen auf dem kühlen Weiß.Tagsüber lockt heute wie gestern die Piste – und wie gut das funktioniert, das Herumflitzen auf dem kühlen Weiß.

Erstaunlich auch, wie schnell man dort oben den Kunstschnee vergisst und sich mit dem Gedanken anfreundet, dass man zum Skifahren wohl mehr und mehr in höhere Lagen wird ausweichen müssen. Und dann freut man sich, wie die größeren Kinder juchzen und schanzeln und hopsen und Holly mit den Händen auf den Knien den Babyhang hinabflitzt.

Eine andere Perspektive auf den Wandel des Winters hat die Betreiberin des Hotels Der Bär, Ursula Windisch, eine heitere, klare Frau, die in Namibia
aufgewachsen ist. Mit Skifahren hat sie deshalb gar nicht unbedingt besonders viel am Hut und betont, ohne die Tragik der Klimakrise kleinreden zu wollen, wie viel man als Hotel und Reisedestination auch
gewinnt, wenn die Gäste im Sommer an lauen Abenden viel öfter draußen auf der Terrasse sitzen können. Die Sommersaison und der Herbst, so erzählt Ursula Windisch, werden für ihr Hotel und viele andere Betriebe immer wichtiger. Das Wintergeschäft und die Schneelage sind nicht mehr ganz so entscheidend. Die Welt ändert sich.

Und darauf stellen sie sich ein. Die Wintersaison geht von kurz vor Weihnachten bis Ende März, da sind sie fast durchgehend ausgebucht. Aber der Sommer holt auf. Der Bär hat mittlerweile von Mitte Mai bis Anfang November geöffnet, eine lange Sommersaison. Vielleicht verschwinden bald in manchen warmen, niederschlagsarmen Jahren auch die weißen Kunstschneeteppiche aus den tiefer gelegenen Tälern. Dann glänzt allein das Kaiser-Panorama in ewiger Anmut. Und zum Skifahren geht es mit der Gondel direkt auf den Berg hinauf – und anschließend wieder runter. Unten im Tal kann man womöglich auch im Winter golfen oder auf den trockenen Wegen wandern. Oder man floated im Infinitypool, schaut in die Sonne und freut sich auf das Abendessen.

Außenpool, wir lieben dich: Fredy und Nick, die beiden Söhne unserer Autorin, lassen sich treiben.Außenpool, wir lieben dich: Fredy und Nick, die beiden Söhne unserer Autorin, lassen sich treiben.

Urlaub aus Kinderperspektive

Die Aufgabe eines guten Hotels, so sieht das Andreas Windisch, Ursula Windischs Ehemann und der Betreiber des Hotels, sei es, sich an den Moment anzupassen und modern zu bleiben. Gleichzeitig müsse man sich auf die Kernstärken konzentrieren, das seien wegen der vielen Stammgäste, die seit Jahrzehnten kommen, eben vor allem: guter Service und gutes Essen.

Wenn ich an die Urlaube meiner Kindheit zurückdenke und nun darauf achte, wie meine Kinder auf unseren Aufenthalt im Berghotel blicken, fällt mir eins auf: Kinder haben ganz eigene Kategorien eines gelungenen Urlaubs. Meine Söhne und Tochter lieben zum Beispiel die frisch gewaschenen Bademäntel im Hotel, weil wir so etwas zu Hause nicht besitzen. Und wie groß der Fernseher ist, können sie gar nicht fassen, weil es bei uns zu Hause nur Laptops gibt. Nur das Frühstücksbuffet, das lieben sie genauso sehr wie ich als Kind: diese scheinbar unendliche Auswahl an Dingen, von denen man sich unendlich viel nehmen darf. Als Kind hatte ich immer Sorge, dass das Hotel, wenn jeder immer so viel essen darf, wie er will, doch bestimmt eines Tages pleitegehen wird. Ein ähnliches Staunen erkenne ich in den Augen meines mittleren Sohnes, als wir am zweiten Tag eines der silbernen Kännchen umstoßen und der Kakao über die weiße Tischdecke fließt – und schon nach wenigen Minuten ein neues, frisches Kännchen auf dem Tisch steht.

Im Hotel Der Bär gibt es im Haupthaus, den An- und Neubauten mittlerweile Platz für 160 Gäste. Es gibt renovierte Doppelzimmer, Familienzimmer und kleine Appartements mit eigener Küchenzeile. Die Windischs wollen für Familien attraktiv sein – aber auch für Menschen, die ein reines Familienhotel eher meiden.

Der heutige Hotelchef war vor 40 Jahren der Anführer des Miniclubs."

Der Miniclub, den es immer noch gibt, wird deshalb auch nicht besonders laut beworben. Auch wenn er, wie damals vor 40 Jahren, für die Kinder schon nach wenigen Stunden den Mittelpunkt des Hotelkosmos bildet, zu dem sie vor und nach dem Essen, aber auch zwischendurch immer wieder hinpilgern und der sich auch in ihre Erinnerung vermutlich am deutlichsten eingraben wird.

Der Miniclub ist auch der Ort, an dem Andreas Windisch und ich uns vor
40 Jahren höchstwahrscheinlich über den Weg gelaufen sind. Denn Andreas Windisch ist ein echtes „Hotelkind“ und nur wenige Jahre älter als ich. Als Sohn des damaligen Betreiberpaars ist er in den Räumen des Hotels aufgewachsen und kann sehr lustig davon erzählen, wie er quasi als Anführer des Miniclubs schon damals mit den Kindern der Gäste in Kontakt war – und das auch schon immer sehr mochte. Selbst wenn die Regeln streng waren und er niemals mit Jogginghosen im Haus herumstreifen durfte und natürlich auch stets ruhig und höflich sein musste: Er konnte stets ein Eis aus der Küche ausgeben.

Als junger Mann verließ Andreas Windisch dann Ellmau, lernte im Service in Zürich, in der Toskana und an der Côte d’Azur, in Vail, Colorado – bis er eines Tages auf einer Reisemesse in Berlin Ursula kennenlernte und quasi vom Fleck weg wusste: Das ist die  Frau, mit der ich zurück in die Heimat gehen will. Zurück nach Ellmau.

Die Windischs haben das Hotel Der Bär, das 1968 gegründet wurde, im Jahr 2012 von Andreas’ Eltern übernommen. Das Viersternehotel liegt in Ellmau am Wilden Kaiser.Die Windischs haben das Hotel Der Bär, das 1968 gegründet wurde, im Jahr 2012 von Andreas’ Eltern übernommen. Das Viersternehotel liegt in Ellmau am Wilden Kaiser.

2012 übernahm das Ehepaar das Hotel komplett. Die eigenen drei Kinder, heute Teenager, wuchsen jedoch nicht wie Andreas direkt im Hotel auf, sondern im Heim der Familie in St. Johann, ein paar Dörfer weiter.

Auch das ist etwas, das sich in den Jahrzehnten vielleicht verändert hat: eine Kindheit, die vor allem aus Respekt gegenüber den Gästen besteht, möchte man heute seinen Kindern wohl ein bisschen weniger zumuten und ihnen mehr Freiräume geben. Und wer weiß, vielleicht führt das ja sogar  dazu, dass doch mehr Kinder es so machen wie Andreas Windisch, und später das Werk der Eltern weiterführen?

Gegen Ende des Aufenthalts bittet Andreas Windisch noch mal in den kleinen Besprechungsraum – für eine Zeitreise in der Geschichte des
Reisens. Er hat weitere historische Bilder und Fotos gefunden, auf denen das Haus in jungen Jahren und alle späteren Änderungen und Anbauten festgehalten wurden. 1968 wurde der Bau errichtet, 1974 der erste große Anbau...

Es war einmal im Hotel Der Bär: Hotelbesitzer Andreas Windisch zeigt der Autorin alte Fotos, um ihre Erinnerung aufzufrischen.Es war einmal im Hotel Der Bär: Hotelbesitzer Andreas Windisch zeigt der Autorin alte Fotos, um ihre Erinnerung aufzufrischen.

Als ich damals, 1981, im Bären eincheckte, war der Betrieb also noch recht jung. All das, was auf den Fotos nun so herrlich altmodisch oder gar zeitlos wirkt, war brandneu: die geblümten Badezimmerkacheln, die knallrote Ledersitzgarnitur, der Pool mit Teakholzoptikwandverkleidung und im Römerstil. Die Zeiten ändern sich, und so muss es sein, gerade in einem Hotel: ein Ort, der sich der Zeit anpasst. Für Menschen, die für einen kurzen Augenblick ganz im Moment sein möchten.

Als ihr erstes Kind in die Schule kam, hat die Münchnerin die Schulferien und das Ende des Spontanreisens verflucht. Mittlerweile schätzt sie die frühe Planung – weil die schönsten Hütten alle noch zu haben sind. Und die Vorfreude ist richtig lang.

Vera
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