Neue Wege: Die Bergführerin
Die Sehnsucht nach unberührter Natur kennt Martina Mrak von ihren Gästen. Für Tirol wünscht sich die Bergführerin Kompromissbereitschaft, um die Berge auch in Zukunft für alle als Lebensraum zu erhalten.
Geld vs. Gipfel: Tourismus oder Natur? Bergführerin Martina Mrak plädiert für einen Mittelweg: Tourismus im Einklang mit der Natur.
„Als die Pandemie im Frühjahr 2020 begann, war es für mich und meine Kollegen natürlich nicht einfach: Da ging es über Nacht von hundert auf null, mitten in der Saison. Und weil der Großteil der Ski- und Bergführer selbstständig arbeitet, hatten wir plötzlich gar kein Einkommen.
Aber sobald man dann wieder in die Berge gehen durfte, gab es ausreichend Arbeit: Zum einen sind wir in kleinen Gruppen und im Freien unterwegs. Zum anderen haben viele Menschen durch die Lockdowns die Freiheit und die Natur neu schätzen gelernt. Das ist ja oft so: Was uns wirklich wichtig ist, fällt uns erst auf, wenn es plötzlich fehlt.
meinTirol-Magazin
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Die Gäste, mit denen ich unterwegs bin, sind auf der Suche nach der unberührten Natur. Deshalb buchen sie ja Bergführer, damit wir sie an Orte bringen, an denen es ruhiger zugeht und an denen nicht zu viele Menschen sind. Ich glaube, dass diese Sehnsucht ein größerer gesellschaftlicher Trend ist. Es stellt sich die Frage: Erwarten unsere Gäste wirklich überall eine Hightech-Infrastruktur? Oder sind sie genauso glücklich oder sogar glücklicher, wenn sie in die Natur eintauchen können? Als Teil der Tourismusbranche weiß ich, dass dies ein kontroverses Thema ist. Und ich würde mir wünschen, dass wir hier einen Mittelweg finden. Es geht dabei ja nicht nur um uns Menschen, sondern auch um die Tiere und die Umwelt.
Demut vor dem Berg: Angesichts der schroffen Ostwände von Schlicker Seespitze und Riepenwand kann man sich schon mal klein fühlen.
„In Zukunft müssen wir gemeinsam daran arbeiten, nachhaltiger zu werden“, sagt Bergführerin Martina Mrak.
Blick nach Vorne
Dieser Artikel ist Teil der Serie "Blick nach Vorne". In dieser Serie haben wir Menschen nach ihrer Sicht auf Tirol gefragt, die den Schritt in die Zukunft bereits gewagt haben.
Kompromisse sind möglich: Ich finde es zum Beispiel gut, dass Menschen mit Hilfe eines E-Bikes auf Berge kommen, die sie sonst nicht erreichen könnten. Aber man sollte spezielle E-Bike-Trails ausweisen, aus Rücksicht auf andere Bergsteiger und auf die Umwelt – und das geschieht vielerorts bereits.
Im vergangenen Jahr haben wir gelernt, dass wir viel erreichen können, wenn wir zusammenhalten. In Zukunft müssen wir gemeinsam daran arbeiten, nachhaltiger zu werden, am Berg sowieso, aber auch im Tal. Denn die Natur tut uns Menschen nicht nur gut – wir brauchen sie.“
Martina Mrak
Die Bergführerin, Jahrgang 1970, ist in den Alpen unterwegs, seit sie denken kann. Sie ist seit Jahren als Ausbilderin im Bereich Sportklettern tätig. Außerdem arbeitet die Übersetzerin für Englisch und Spanisch in der Geschäftsstelle des Verbands der Österreichischen Berg- und Skiführer.