Eine Erkundungstour lässt sich am besten beim Haus der Musik starten. Die Spiegelung der modernen Glasfassade fängt nordseitig alles ein, was Innsbruck in Summe ausmacht: die Altstadt zeugt von der mittelalterlichen Geschichte der Stadt, die Hofkirche von der Renaissancepracht, die Hofburg vom Barockglanz und die im Hintergrund über allem thronende Nordkette von Naturverbundenheit und sportlichen Aktivitäten.
Von der Dachterrasse aus eröffnet sich ein beeindruckender Rundblick: Im Süden sieht man die Jesuitenkirche, das traditionsreiche Akademische Gymnasium (1562 als Lateinschule von den Jesuiten gegründet), den Hausberg Patscherkofel und den Bergisel mit der Sprungschanze. Dahinter ragen die Stubaier Alpen empor. Richtung Nordwesten schweift der Blick über die Altstadt zum beliebten Wanderziel Hafelekar und weiter zum Stadtteil Hötting. Bei dessen Anblick wird auch der jahrhundertealte Spruch nachvollziehbar: „Hötting ist ein Königreich und rundherum liegt Österreich.“
Schräg gegenüber vom Haus der Musik befindet sich die Hofkirche. Sie beherbergt das eindrucksvolle Prunkgrabmal (nicht aber die sterblichen Überreste) von Kaiser Maximilian I., das von 28 lebensgroßen Bronzefiguren (den „Schwarzmandern“) bewacht wird. Im linken Seitenschiff der Hofkirche liegt der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer begraben.
Durch den Torbogen bei der Hofkirche gelangt man zum Franziskanerplatz. Samstags laden hier Floh- und Trödlermärkte zum Stöbern ein, im Sommer locken mehrere Eisdielen. Wer gehoben Italienisch essen möchte, ist im Il Convento (12 Gault-Millau-Punkte) richtig. Gleich dahinter steht das Lechle-Haus, eines der ältesten Gebäude der Innenstadt, in dem bei Renovierungsarbeiten sogar Teile der alten Stadtmauer und eine Holzdecke aus dem 13. Jahrhundert freigelegt wurden.
Wer vom Burggraben in die Altstadt schlendert, sollte einen kurzen Abstecher durch die Schlossergasse ins Café Munding machen. Seit 1803 im Familienbesitz lädt das älteste Kaffeehaus der Stadt nicht nur zu Kaffee und Kuchen, sondern auch zu kleinen Entdeckungen: In einer Vitrine steht die erste mechanische Teigrührmaschine Innsbrucks (1850 direkt aus Amerika importiert), während der Kaffee noch immer aus einer legendären Faema-Maschine kommt (1964 anlässlich der Olympischen Winterspiele angeschafft). An der Fassade blickt das 1529 entstandene Mariahilf-Bild von Lucas Cranach d.Ä. auf den Platz. Obwohl es sich dabei nur um eine Kopie handelt, lohnt sich der Blick, denn das Original wird im Innsbrucker Dom ausschließlich während der Fastenzeit und im Advent ausgestellt.
In der Kiebachgasse 10 befindet sich einer der schönsten Innenhöfe der Stadt. Er ist öffentlich nicht zugänglich, kann aber vom hintersten Tisch der Gaststube des Weißen Rössl erspäht werden. Hier wurden 2002 einige Szenen des Films „Die Freiheit des Adlers“ mit Tobias Moretti in der Rolle des Andreas Hofer gedreht. Das spätgotische Gebäude stammt aus dem späten 13. Jahrhundert. Im 18. Jahrhundert dienten die Räume als Klassenzimmer für die Theresianische Normalschule.
Wo sich Kiebach- und Seilergasse kreuzen, steht man am sogenannten „Vier-Viecher-Eck“. Im Mittelalter tummelten sich hier die Viehhändler. Jahrhundertelang luden an dieser Ecke Gasthäuser mit Tiernamen zum Essen ein. Vom Quartett Goldener Löwe, Goldener Hirsch, Roter Adler und Weißes Rössl existiert allerdings nur mehr Letzteres, das neben der Wilderin in der Seilergasse 5 Deftig-Regionales für alle Tageszeiten bietet. Noch bis in die 1960er-Jahre hinein diente das „Vier-Viecher-Eck“ als Umschlagplatz der Sellrainer Wäscherinnen, die sich um die schmutzige Wäsche der Innsbrucker Bevölkerung kümmerten.
Am Ende der Kiebachgasse steht das geschichtsträchtige Hotel Goldener Adler. Hier hielt Andreas Hofer am 15.8.1809 vor versammelter Menge der Landesverteidiger eine seiner legendären Ansprachen. Einen Ausschnitt aus dieser Rede kann man im eingelassenen Stein der Laube gegenüber vom Hoteleingang nachlesen. Doch Andreas Hofer war nicht der einzige prominente Gast, den das Hotel seit 1390 beherbergte. Unter anderem weilten hier auch Persönlichkeiten wie Goethe, Mozart oder Jean-Paul Sartre.
Schräg gegenüber vom Hotel thront zwischen Inn und Goldenem Dachl die Ottoburg, ursprünglicher Ansitz der Grafen von Andechs und eines der ältesten Gebäude der Stadt. Fünf noch original erhaltene Stuben laden hier zum Speisen in historischer Atmosphäre ein.
Das Juwel der Altstadt ist das Goldene Dachl mit seinen 2.657 feuervergoldeten Kupferschindeln. Das Kupfer hatte Kaiser Maximilian aus dem Silber- und Kupferbergwerk Schwaz anliefern lassen. Wie viele Kilogramm Gold allerdings tatsächlich auf dem Dach des Erkers liegen, weiß niemand genau. Im Jahr 1750 kam es zum ersten überlieferten Schindeldiebstahl, gefolgt von ähnlichen Zwischenfällen in den Jahren 1998 und 2007. 2012 wurden im Zuge von Renovierungsarbeiten sogar sieben Schindeln entwendet, die am Ende aber alle wieder ihren Weg zurück aufs Dach fanden. Die ‚ehrlichen Diebe‘ bleiben bis heute unbekannt.
Rund um das Goldene Dachl und das darin beherbergte Museum zu Kaiser Maximilian werden aufmerksame Beobachter einige der Gassen aus der deutsch-österreichischen Netflix-Serie „Totenfrau“ nach dem Bestseller des Tiroler Autors Bernhard Aichner wiedererkennen. An vielen Hausfassaden der Gassen sichtbar sind überdies die abgeschrägten Erdbebenstützpfeiler aus Stein. Diese wurden in den späten 1770er-Jahren nachträglich an die Gebäude angefügt, nachdem in einem Jahr allein über 100 Mal die Erde gebebt hatte.
Hinter dem Goldenen Dachl öffnet sich der Domplatz. Als einziger abgeschlossener Platz der Stadt bietet er historisches Flair mit Blick auf den Dom zu St. Jakob und dem Haus des Hofkomponisten Marc Antonio Cesti. Aktuell ist davor ein Teilstück einer Ritsche (mittelalterliches Kanalsystem) ausgestellt, die im Zuge von Pflasterarbeiten gefunden wurde. Der Domplatz lässt sich am besten auf den Bänken unter den Bäumen genießen. Alternativ lädt die Bar Fuchs und Hase im antiken Gewölbe zu kreativen Getränken und Naturweinen.
In der angrenzenden Hofgasse verbirgt sich mit dem sogenannten Riesenhaus (Nummer 12) ein kurioses Kleinod. 1480 für den 2,20 Meter großen Burgriesen Nikolaus Haidl erbaut, ist es heute für seinen Flüsterbogen berühmt: Zwei gebogene Steinrinnen rechts und links der Tür übertragen geflüsterte Botschaften von der einen Seite des Bogens zur anderen. Angeblich sollen die in den Bogen hineingeflüsterten Wünsche auch tatsächlich in Erfüllung gehen…
Nach unserem Spaziergang vom Haus der Musik über den Franziskanerplatz bis zum Riesenhaus sind wir damit wieder unweit des Ausgangspunktes angekommen und können den Tag gemütlich in der Altstadt ausklingen lassen
Am Ausgang der Altstadt führt die Innbrücke in den Stadtteil St. Nikolaus. Sie war um 1170 die erste Verbindung zwischen Süd- und Nordufer und zugleich die Namensgeberin der Stadt. Gleich dahinter liegt der Waltherpark mit seinen großzügigen Grünflächen sowie Spiel- und Sportplätzen. Auf Initiative des Tiroler Literaturprofessors Ignaz Vinzenz Zingerle wurde der Park im 19. Jahrhundert dem mittelhochdeutschen Dichter Walther von der Vogelweide gewidmet, dessen Statue heute vor dem Basketballplatz steht.
Genau dort findet sich auch eine kleine Aussichtsplattform am Innufer: der sogenannte „Dürerblick“. Kunsthistoriker vermuten, dass Albrecht Dürer 1494 exakt an dieser Stelle die erste kolorierte Stadtansicht Innsbrucks skizziert habe. Das Original hängt in der Albertina in Wien, eine Kopie ist in den linken Pfeiler der Plattform eingelassen.
Hinter dem Waltherpark lädt die Innstraße dazu ein, in das nostalgische Ambiente von St. Nikolaus einzutauchen. Denkmalgeschützte Fassaden bieten malerische Fotomotive, während inhabergeführte Geschäfte zum Stöbern einladen. Ein kühles Bier genießt man am besten im Bier-Krügerl, einem traditionsreichen Wirtshaus, das vor allem bei Einheimischen beliebt ist. Für besondere Mitbringsel lohnt sich ein Abstecher zu Seifen Walde, Innsbrucks ältester Seifensiederei (gegründet 1777). Samstagvormittags versorgt der Bauernmarkt am Hans-Brenner-Platz seine Besucher mit regionalen Spezialitäten. Im Dezember duftet es hier nach Glühwein und Kiachl am rustikal-stimmungsvollen Christkindlmarkt.
So lautet einer der Slogans der Stadt Innsbruck. Nach einer Tour durch St. Nikolaus laden entlang der beiden Innufer schattige Bäume, Sitzbänke und Ausblicke zum Verweilen ein. Idealer Ausgangspunkt für einen Spaziergang ist der Marktplatz bei der Innbrücke, wo sich kleine Bars und Restaurants aneinanderreihen – perfekt für eine Stärkung zwischendurch. Während sich hier vor allem Studierende gern zum entspannten Zusammensitzen treffen, bietet die Kulisse der bunten Mariahilf-Häuserzeile einen der besten Instagram-Spots der Stadt. Nur wenige Schritte daneben lockt die Markthalle mit Restaurants, Cafés und frischen Spezialitäten.
Der Nachmittag lässt sich perfekt in Innsbrucks wuselnder Haupteinkaufsmeile genießen. Zwischen Traditionsläden und internationalen Marken gibt es hier alles, was das Herz begehrt – und ein Einkaufszentrum mit einer bewegten Geschichte: 1908 wurde das Kaufhaus Tyrol von den jüdischen Familien Bauer und Schwarz gegründet. Während des Zweiten Weltkriegs wurde es zwangsarisiert und an den deutschen Unternehmer Ferdinand Kraus übertragen. Nach dem Krieg übernahm die Stadt Innsbruck das Haus, das seit 1966 seinen heutigen Namen trägt. 2010 gestaltete der britische Stararchitekt David Chipperfield das Gebäude neu. Die versetzten Fassadenöffnungen bilden die historische Häuserzeile der Straße nach, während sich die lichtdurchflutete Glaskuppel im Inneren zum Bergpanorama hin öffnet.
Tipp: Im zweiten Stock gibt es im digitalen Museum der Experience Tirol die Möglichkeit, Tirols Geschichte und Kultur via interaktives Kino und Virtual Reality auf bis dato ungesehene Weise zu erleben.
Ein kurzer Abstecher durch die Fuggergasse führt von der Maria-Theresien-Straße zum Landhausplatz – ideal für einen Zwischenstopp mit Kaffee und Waffeln im Breakfast Club. Der Platz wurde zuletzt 2008 modern umgestaltet. Heute trifft sich hier vor allem die städtische Skaterszene rund um die 36 neu gepflanzten Bäume (einer für jeden Landtagsabgeordneten, wie Innsbrucker augenzwinkernd meinen). Das markante Landhaus im Osten des Platzes, 1938 als „Gauhaus“ errichtet, erinnert architektonisch an den Berliner Reichstag. Wer aber genau hinsieht, erkennt: Die Fassade ist nicht gerade, sondern sanft gebogen (eine Anspielung auf die Schwingen des Tiroler Adlers).
Der Adler thront auch majestätisch auf dem Befreiungsdenkmal in der Mitte des Platzes, das die französischen Besatzer 1948 zum Andenken an die gefallenen Innsbrucker errichteten. Der Torbau aus weißem Marmor weist fünf Öffnungen auf, deren schmiedeeiserne Gitter symbolisch dauerhaft offenstehen. Weitere Denkmäler wie das Pogromdenkmal, der Vereinigungsbrunnen und der Maultasch-Sockel sind entlang der Längsseiten des Platzes verstreut.
Am südlichen Ende der Maria-Theresien-Straße erhebt sich die Triumphpforte, errichtet 1765 zur Hochzeit von Erzherzog Leopold – Sohn Maria Theresias – mit der spanischen Prinzessin Maria Ludovica. Ursprünglich nur als festlich geschmückter Holzbogen gedacht, ließ die Kaiserin das Bauwerk in Stein ausführen, nachdem ihr Mann Franz Stephan noch während der Feierlichkeiten überraschend verstarb. Heute erinnert das Fresko auf der Nordseite an seinen Tod, jenes auf der Südseite an die Hochzeit. Die Quader der Pforte stammen vom einstigen Vorstadttor.
Hinter der Triumphpforte beginnt Wilten, einst römische Militärstation (Veldidena), seit 1904 in Innsbruck eingemeindet. Der Stadtteil empfängt seine Besucher mit charmanter Café-Kultur – etwa im Kater Noster, karaffu, Heublumeoder im WILTEN, wo man vormittags brunchen und nachmittags Cocktails genießen kann. Daneben beherbergt Wilten zahlreiche liebevoll gestaltete Läden und kleine Kunstgalerien.
Zentrum des Viertels ist das Wiltener Platzl, ein Ort mediterranen Flairs. Hier findet im Winter ein Christkindlmarkt mit Ausstellern aus Wilten und im Sommer das Leben unter freiem Himmel statt. Empfehlenswert: das Kulturcafé Le Murge mit Sitz in einem hübschen Biedermeierhaus, die romantische Buchhandlung Daffodils in der Leopoldstraße 36 und für den Hunger danach das vegetarisch-vegane Restaurant Olive gleich nebenan.
Tipp: Wer in Innsbruck darüber hinaus ein besonderes vegetarisches oder veganes Kurlinarikerlebnis sucht, ist im One Green Table in Pradl genau richtig. Dort speisen alle Gäste an einem einzigen großen Tisch. Serviert wird ein täglich wechselndes, kreatives 5-Gänge-Menü (immer bio, regional und saisonal).
Wer ohnehin gerade in Wilten unterwegs ist – etwa bei der Basilika, dem Gasthaus Bierstindl oder der von Zaha Hadid entworfenen Bergiselschanze – hat die Gelegenheit, sich spontan in die Straßenbahnlinie 6 zu setzen. Seit über 100 Jahren schlängelt sich die sogenannte Waldbahn Richtung Igls gemächlich aus der Stadt hinaus. Unterwegs hält sie unter anderem beim Schloss Ambras, dem mystisch-keltischen Baumkreis in Tantegert und dem idyllischen Lanser See. Von der Endstation in Igls kann man anschließend mit der Buslinie J bequem auf die andere Talseite hinauf zur Hungerburg wechseln.