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Der Berg in dir: Dolomitenhütte

Aktualisiert am 07.03.2022 in Sport, Fotos: Frank Stolle

Einer der schönsten Schlafplätze des Landes? Nicht nur die Panoramafenster machen die Dolomitenhütte zu einem echten Schmuckstück.
Einer der schönsten Schlafplätze des Landes? Nicht nur die Panoramafenster machen die Dolomitenhütte zu einem echten Schmuckstück.

Die spektakulär gelegene Dolomitenhütte regiert eine Wirtin mit Blick für den Menschen und die Natur. Sie führt das Bergjuwel in den Lienzer Dolomiten als Mischung aus Einsiedelei und Mountain-Retreat. Und ermöglicht Besuchern tiefgründige Begegnungen in den Bergen.

Träumt man nicht manchmal davon, gleichzeitig geschützt und ausgesetzt, gleichzeitig abgeschirmt und mittendrin zu sein? Von einem Ort, an dem man mitten im Wetter sitzt oder liegt, Sturm und Niederschlag gegen einen prasselt, einem aber nichts anhaben kann? Einsam und doch geborgen, an einem Außenposten der Zivilisation? Ein Leuchtturm auf einer Insel im Nordatlantik könnte so ein Ort sein. Eine Unterwasserstation auf einem Korallenriff. Oder ein Hochsitz auf einer Klippe in einem felsigen Bergmassiv, von dem man hinaus in die Gebirgskälte blickt. Wäre man eine Bettelnonne oder ein fernöstlicher Mönch, würde man, versunken in tiefer Meditation, auf so einem erhabenen Ausguck eins werden mit der Welt. Für Normalsterbliche gibt es die Dolomitenhütte: Allein der Blick auf die Lienzer Dolomiten aus einem der spektakulären Panoramazimmer ist den Hüttenaufstieg wert.

 

Im Sommer ist sie unter Kletterern bekannt. Im Winter stellt sie ein beliebtes Ziel für Rodler aus Osttirol und Landschafts-Enthusiasten aus aller Welt dar. Für Skitouren-Anfänger und Freunde wagemutiger Couloirs kann die Dolomitenhütte schon im Hochwinter ein überraschendes Tourenziel sein. Sehr gut kann es etwa passieren, dass man die Hütte schon Anfang Januar (oder früher) in tiefer Winterpracht erlebt, ein früher Südstau die südlichsten der Tiroler Berge metertief im hochwinterlichen Weiß versinken lässt. Dann ist schon die Fahrt durch den Osttiroler Verwaltungssitz Lienz verzaubert. Und winterwunderlich geht es entlang der Rodelbahn auf der Piste hinauf zur Hütte.

            Rund um die Hütte erwartet den Besucher eine zauberhafte Winterlandschaft.

          Rund um die Hütte erwartet den Besucher eine zauberhafte Winterlandschaft.

            Unser Autor staunt über die Schneemassen rund um die Hütte – Ergebnis einer frühen Südstau-Wetterlage.

          Unser Autor staunt über die Schneemassen rund um die Hütte – Ergebnis einer frühen Südstau-Wetterlage.

            Ausgesetzt und geschützt – auf der Dolomitenhütte erlebt man Beides zugleich.

          Ausgesetzt und geschützt – auf der Dolomitenhütte erlebt man Beides zugleich.

Geführt wird dieser Kraftort von der One-Woman-Show Scarlet Olesova, die das Prinzip Winterhütte auf ihre ganz eigene Art interpretiert: abgelegen und exklusiv gleichzeitig, eine Mischung aus Einsiedelei und Mountain-Retreat. Denn das ist die Dolomitenhütte eben beides: ein Ort in geradezu unverschämter Alleinlage, freistehend über einer Felswand, wie ein Adlerhorst auf einer Kalknadel. Und doch ganz entspannt erreichbar, gemütlich in einer leichten Winterwanderung mit Rodel, Schneeschuhen am Rucksack oder natürlich auf den Tourenskiern. Einerseits, und das ist auch Scarlet wichtig, ist die Hütte also kein Berghotel im Sinne eines Luxus-Ressorts, das einfach weiter oben am Hang liegt. Dafür ist es innen wie außen zu rustikal, zu ursprünglich. Und andererseits ist die eben doch von einer Exklusivität im übertragenen und ganz wörtlichen Sinn. Übertragen, weil es üblicherweise nicht gestattet wird, so tief in die Berge ein Sternehotel zu bauen. Im wörtlichen Sinn, weil ein Quäntchen Glück – oder weise Vorausplanung – nötig ist, um eines der Panoramazimmer zu ergattern, die die Wirtin direkt an Wald- und Klippenkante in die Hütte integriert hat.

Sie ist in der Stadt aufgewachsen, hat in der Großstadt studiert, jahrelang in Deutschland gearbeitet. Durch einen Kurzurlaub in der Gegend, erzählt sie, ist sie auf die Hütte gekommen: „Der Wirt wollte verkaufen, weil er in Pension gehen wolle. So hat es sich ergeben.“ Scarlet Olesova macht keinen Augenblick den Eindruck einer ängstlichen Person. Dennoch beeindruckt der Mut, als Nicht-Einheimische einen der wichtigen Streckenposten auf dem Weg in die Lienzer Dolomiten zu übernehmen – und dann auch noch mit großem Wurf umzubauen. Was hat sie angetrieben? Scarlet sitzt vor dem lodernden Kaminfeuer und schwenkt ein Glas schweren Roten. „Ich wollte in der Früh aus einem Fenster gucken und für mich die Wahrheit sehen“, sagt sie.

            Die One-Woman-Show auf der Dolomitenhütte: Scarlet Olesova hat in den Lienzer Dolomiten eine Mischung aus Einsiedelei und Mountain-Retreat geschaffen.

          Die One-Woman-Show auf der Dolomitenhütte: Scarlet Olesova hat in den Lienzer Dolomiten eine Mischung aus Einsiedelei und Mountain-Retreat geschaffen.

            Früh am Morgen befreit Scarlet die Hüttenterrasse vom Neuschnee.

          Früh am Morgen befreit Scarlet die Hüttenterrasse vom Neuschnee.

Natürlich ist die ganze Hütte ein Schmuckstück, von den Lärchenschindeln an den Außenwänden über die prächtigen Terrassen bis zu den heimeligen Holzstuben. Aber es sind die Zimmer mit den bodentiefen Fenstern, die das Prinzip Hütte für manchen Besucher umkehren: Da ist die Hüttennacht nicht mehr unbedingt Mittel zum Zweck, am nächsten Tag aus hoher Ausgangslage früh in die Natur aufbrechen zu können. Vielmehr bricht man in die Natur auf, um einen guten Grund zu haben, diesen Blick aus sicherem Rückzugsort zu genießen. Ein Blick, wie aus einem Wolkenkratzer, aber nicht auf Straßenschluchten, sondern über die Kronen schlanker Lärchen hinweg, über ein Tal, über das sich wie eine Decke der Bergwald legt – bis hinüber in die hohen Nordwände der Dolomitengipfel. Da freut man sich sogar auf einen Downday, wenn sich wieder mal Nachschub auf den Schneekarten ankündigt. Und fürs nonnenartige Rumsitzen sind die entsprechenden Kissen natürlich vorhanden.

            Raufgehen um runterzukommen: Der Blick aus den großen Panoramafenstern hat schon so manchen Besucher näher zu sich selbst gebracht.

          Raufgehen um runterzukommen: Der Blick aus den großen Panoramafenstern hat schon so manchen Besucher näher zu sich selbst gebracht.

Auch, wenn die Betten in der Felswand einer der außergewöhnlichsten Orte sein mögen, an denen man in Tirol übernachten kann – Scarlet ist der Hütten-Anteil ihres Adlerhorsts genauso wichtig: „Wir sind eine Hütte, kein Hotel“, sagt sie ganz deutlich. „Mir ist es wichtig, dass die Menschen darüber nachdenken, dass es nicht selbstverständlich ist, immer Wasser zu haben, Strom, einen Fernseher, Handy-Empfang. Das ist der Unterschied.“ Die feinen Weine, die man sich an einem langen Hüttenabend empfehlen lassen kann, lassen allerdings keine Wünsche offen. Genauso wenig wie das Hütten-Soulfood, das frisch zubereitet wird. Scarlets persönliche Spezialität sind übrigens Schlipfkrapfen. In Osttirol heißt es, eine Frau müsse in der Lage sein, sie zuzubereiten, bevor man sie heiraten könne – so erzählt sie.

Beim Schnuppern rund um die Hütte folgen wir den Empfehlungen des Osttiroler Freeski-Urgesteins Thomas Gaisbacher, dem man früh an einem Neuschneemorgen gerne mal im Skigelände der Lienzer Dolomiten begegnet. Er hat einen sehr feinen Skitourenführer zusammengestellt, der die Möglichkeiten dieses kleinen, aber intensiven Tourengebiets umreißt und über die Website der Hütte heruntergeladen werden kann. So beginnen wir mit der einfachsten Tour auf den Auerling, eine kleine Steilstufe, heiteres Treeskiing. Ein Halbtagesprogramm, dem man beispielsweise noch die Tour zur Karlsbader Hütte folgen lassen könnte, deren erster Teil auch von vielen Spaziergängern geteilt wird.

            Auch wenn ein Besuch auf der Hütte schon ein Erlebnis ist, sollte – wer kann – die Umgebung einmal genauer auf Ski erkunden.

          Auch wenn ein Besuch auf der Hütte schon ein Erlebnis ist, sollte – wer kann – die Umgebung einmal genauer auf Ski erkunden.

            Rund um die Dolomitenhütte wartet ein großer Skitouren-Spielplatz voller Scharten, Flanken und Couloirs. 

          Rund um die Dolomitenhütte wartet ein großer Skitouren-Spielplatz voller Scharten, Flanken und Couloirs. 

            Powder-Abfahrt zurück zur Hütte.

          Powder-Abfahrt zurück zur Hütte.

Wir gehen den Weg zur Karlsbader Hütte am nächsten Tag gemeinsam mit der Hüttenwirtin. Sie spurt hochenergetisch durch den flachen Wald und die abwechslungsreich gegliederten Gräben, in denen Felsbrocken herumliegen, als hätte ein Titan sie mit einer lockeren Handbewegung verstreut. An der Hütte entscheiden wir uns für die Ödkarscharte, einen Klassiker, mit einem „Bekanntheitsgrad weit über die Grenzen der Region“ hinaus, wie es im Skitourenführer heißt. Auch hier spurt Scarlet hinauf, mit stetem Schritt, wie ein Bergroboter. Von hier oben gibt es zahlreiche Abfahrtsmöglichkeiten, recht entspannt die Aufstiegsspur zurück oder im Stil der modernen Freeski-Asse durch die Teplitzerrinne, die einen ersten Endruck von den verschärften Varianten hier in den Lienzern gibt. Wir nehmen die goldene Mitte: durchs Mohammedanerkar, das tatsächlich so heißt, und nach einem kurzen Gegenanstieg durch brusttiefen Schnee hinauf ins Kerschbaumer Törl. Es folgt eine prächtige, durchaus anspruchsvolle Abfahrt, die in der Lienzer Dolomitentourenwelt aber nur als mittelschwierig gilt und den alpiner orientierten Wintertouristen neugierig macht auf die schwierigen Projekte.

Bis es dann so weit ist: noch ein letztes Mal für dieses Mal die Aussicht genießen aus dem Zimmer des Adlers. Und wenn man da draußen nichts sieht? Kann man immer noch, ganz Mönch oder Nonne, nach innen blicken. „Warum sind die Leute emotional so auseinander nach ihrem ersten Mal auf der Dolomitenhütte?“ Das frage sie sich manchmal, erzählt Scarlet nach der gemeinsamen Abfahrt. „Es ist eben nicht nur die Natur. Sondern die Stille. Sie spiegelt dich. Je tiefer du in die Natur reinschaust und sie auf die wirken lässt, desto tiefer reflektierst du sie nach außen.“

Vielleicht kommt man ja so weit wie Hüttenwirtin Scarlet Olesova, die auf die Frage danach, was die außergewöhnlichste Begegnung in all den Jahren auf der Dolomitenhütte war, sagt: „Ich bin mir selbst begegnet.“

Zimmer mit Aussicht auf Schnee

Geschichten über Leidenschaft, Abgeschiedenheit und die Kräfte der Natur im winterlichen Hochgebirge: In einer Porträt-Serie haben wir die außergewöhnlichsten Winterhütten in den Tiroler Bergen besucht.

            
           

Tirol wird für Oliver Stolle ein Land der ersten Erinnerungen bleiben. Erstes Mal Buckelpiste: am Pass Thurn. Erstes Mal Höhenangst: als Bub auf der Hohen Munde. Erstes Mal Graukas: auf einer Alm in den Zillertalern. Erstes Mal kein Wort Deutsch verstanden: beim Dorffasching in Feichten im Kaunertal. Er freut sich auf weitere erste Male.

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