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Wer rastet, der rostet

Aktualisiert am 01.03.2023 in Sport, Fotos: Tim Marcour

AIN’T NO TARGET HIGH ENOUGH

Dass Wintersportler im Sommer gemacht werden, ist weithin bekannt. Wir haben den Freerider Tao Kreibich bei seinem Sommertraining begleitet und dabei auch viel über seinen Werdegang erfahren.

„Tao“ – das klingt kurz, knackig und definitiv eher ungewöhnlich für einen Vorarlberger Vornamen. Wie passend. Denn ungewöhnlich ist so einiges bei dem 24-jährigen Profi-Freerider. Geboren in Dakar, Senegal, aufgewachsen in Vorarlberg, bezeichnet sich der heute in Innsbruck Lebende, als „Tiroler“. Betrachtet man diesen Standortwechsel mit einem Augenzwinkern, hat sich auch gar nicht so viel verändert: Von einer Hauptstadt zur nächsten und die Himmelsrichtung ist von WESTafrika nach WESTösterreich quasi auch gleichgeblieben. Dass Tao in Dakar zur Welt kam, ist allerdings kein Zufall. Schon seine Oma und seinen Opa zog es nach Afrika und auch Papa Kreibich wuchs bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr im Senegal auf. So lässt sich auch sein außergewöhnlicher Vorname auf das deutlich zu erkennende „Abenteuer-Gen“ in seiner Familie zurückführen.

„Meine Eltern waren auf Weltreise und für einen Tauchtrip auf 'Koh Tao'. Die Insel hat ihnen so gut gefallen, dass sie mich nach ihr benannt haben.“ Die Familie lebt noch eine Weile in Dakar, bevor sie wieder in ihren Heimatort in Vorarlberg zieht. „Meine Eltern wollten, dass ich in einen richtigen Kindergarten und zur Schule gehen kann. Das ist in Afrika leider immer noch schwierig.“ 

Tao kam in Afrika zur Welt und verbrachte dort seine ersten Lebensjahre., © privatTao kam in Afrika zur Welt und verbrachte dort seine ersten Lebensjahre. © privat

Vom „Steckerleis“ zu pulvrig feinen Powderhängen

Aber Moment mal: Wie schafft man es, geboren am heißesten Kontinent der Welt, zu einem der weltbesten Freerider zu werden? Man könnte behaupten, sein Talent wurde ihm in die Skischuhe gelegt. Schließlich war Mama Marion keine Unbekannte im Skirennlauf. „Meine Mama war früher sehr stark unterwegs. Durch sie bin ich überhaupt zum Alpin Skifahren gekommen. Kaum hatten wir Senegal verlassen, stand ich schon auf zwei Brettern im Schnee. Es war auch immer witzig, wenn auf Rennen bei allen anderen Kindern die Papas dabei waren und bei mir eben die Mama.“

Taos Talent zeigt sich schon früh. Nach Kindergarten, Volksschule, Sport- und Skihauptschule landet er im Sportgymnasium. Während sein Alltag dort nur noch auf Training und Rennen ausgerichtet ist, treibt es ihn in seiner Freizeit immer öfter abseits des Stangenwaldes. „Mit meinem Trainer hatte ich immer wieder Ärger, weil meine kleinen Expeditionen außerhalb von rot-blau, rot-blau auf meinen Belägen Spuren hinterließen. Mit fünfzehn habe ich dann meine Alpinkarriere an den Nagel gehängt. Als ich kurz darauf an meinem ersten Freeride-Contest teilnahm, wusste ich, dass ich alles richtig gemacht habe. Allein die Community in der Freeride-Szene ist etwas ganz Besonderes: Sie besteht aus Freunden und nicht aus Konkurrenten, das hat mir mega getaugt.“

Ob Taos Mama enttäuscht war? Zumindest ließ sie es sich nicht anmerken. „Meine Eltern haben mich von Anfang an supportet.“ Zu dieser Zeit gibt genau drei Junior Competitions in Europa: Chamonix, Fieberbrunn und Verbier. Mit sechzehn und ohne Führerschein dorthin zu kommen: unmöglich. „Also haben mich meine Eltern quer durch Europa kutschiert. So sind sie auch voll in den Sport reingekommen.“ Dass seine Eltern mittlerweile selbst wie Freeride-Profis aussehen und jede freie Minute am Berg verbringen, treibt ihm ein breites Grinsen ins Gesicht.

Das Skifahrer-Gen bekam Tao von seiner Mama in die Wiege gelegt. Sie begleitet ihn auf all seinen Rennen., © privatDas Skifahrer-Gen bekam Tao von seiner Mama in die Wiege gelegt. Sie begleitet ihn auf all seinen Rennen. © privat

Ohne Schweiß kein Preis: SEND IT!

Wenn Frau Holle die Kissen schüttelt und dicke Flocken die Bergspitzen in Weiß tunken, ist Tao in seinem Element. Dass er als erster männlicher Österreicher im Feld der Freeride World Tour mitmischen darf, kann er anfangs gar nicht fassen. „Im November 2015 habe ich noch davon geträumt und nur fünf Jahre später hatte es funktioniert.“ Die Junior Contests und Freeride World Qualifier hatten Tao gut vorbereitet, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er sich für die Freeride World Tour qualifiziert. Die FWT – ein Format, bei dem sich die weltbesten Freerider in bis zu 70 Grad steile Hänge stürzen, über Kanten - sogenannte Cliffs - ins Gelände jumpen und den Hang hinab jagen. Vier Judges bewerten dabei den „Run“ nach fünf Kriterien: technic, control, fluidity, line choice, airtime & style. „Für einen Contestrun bekommt man zwischen 0 und 100 Punkte“, erklärt Tao. „Ich starte und je nachdem, was ich abliefere, erhalte ich Punkte.“

Extrem steile Hänge und Felssprünge - Taos täglich Brot.Extrem steile Hänge und Felssprünge - Taos täglich Brot.

Was für den normalen Menschenverstand oft unbegreiflich wirkt, ist genau kalkuliert. Tao kennt seine Grenzen und hört im Zweifelsfall immer auf sein Bauchgefühl. Eine Taktik, die sich auszuzahlen scheint. „Bisher bin ich verletzungsfrei durch meine Karriere gekommen. Ich glaube, das können nicht viele Profi-Freerider von sich behaupten.“ Wenn Tao nicht gerade im Red Bull Athlete Performance Center durchgecheckt wird, trainiert er, damit das auch so bleibt, im Olympiazentrum in Innsbruck. Vom Personaltrainer über Physio bis hin zur Massage darf Tao dort alle Angebote nutzen. Dafür ist er extrem dankbar: „Im Winter stehe ich an fünf bis sechs Tagen der Woche im Schnee. Gerade bei den letzten Runs ist es einfach wichtig, fit zu sein, dass dann nichts passiert.“ Wenn Tao mal wieder in der Kraftkammer schwitzt und die Motivation mit jeder Schweißperle zu verdampfen droht, denkt er nur daran, wie er im nächsten Jahr noch höhere Cliffs landen kann. 

Im Olympiazentrum Innsbruck arbeitet Tao präventiv an seiner Fitness und wird dort professionell gecoacht.  Im Olympiazentrum Innsbruck arbeitet Tao präventiv an seiner Fitness und wird dort professionell gecoacht.  

Neben Kondition, Kraft und Ausdauer ist auch das Üben von Tricks enorm wichtig. Wie soll das aber funktionieren – im Sommer und so ganz ohne Schnee? Trainingshallen, ausgestattet mit Trampolins und Rampen, die in Airbags und Schnitzelgruben enden, geben einen guten Vorgeschmack auf das Gefühl von Airtime. „Wenn ich vor der Rampe oder Ähnlichem stehe, dann gehe ich im Kopf jede Bewegung und jeden Moment noch mal in Ruhe durch und stelle es mir bis ins kleinste Detail vor. Wenn ich dann sicher bin, fahre ich los. Am meisten hilft mir, wenn ich mich mit anderen Athleten austauschen kann. Man probiert dann einfach doch mal einen neuen Trick. Schaut voneinander ab und pusht sich.“ 

Hannes Rudigier (Freeskier) trainiert mit Tao im Sommer neue Tricks in der Halle. Eine super Vorbereitung für den Winter. Hannes Rudigier (Freeskier) trainiert mit Tao im Sommer neue Tricks in der Halle. Eine super Vorbereitung für den Winter. 

Hannes Rudigier beispielsweise, professioneller Freeskier, ist ein wichtiger Trainingspartner für Tao. Ob Underflip, Sideflip oder Cork 3 – das ist ein gecarvter 360 mit einer Drehung – mit ihm kann er sich weiterentwickeln. Denn nur wer alle Facetten des Skifahrens gut beherrscht, kann in der Elite mitmischen. Auch wenn viele Aspekte des Skifahrens gleich bleiben, gibt es immer noch enorme Unterschiede zwischen den Disziplinen: Freeskiing oder Freeriden erfordern jeweils völlig andere Fertigkeiten. Alle Bereiche zu beherrschen, verschafft einen Vorteil und ist nur möglich, wenn man sich dem Sport mit voller Hingabe, Ausdauer und Leidenschaft widmet.

 

„Ich hab mich einfach verliebt“

ONE LOVE So ist das eben, wenn man verliebt ist. Das Herz klopft etwas schneller, die Augen strahlen wie zwei frisch polierte Weingläser und auch sonst ähnelt das Gefühl, als hätte man ein klein bisschen zu viel vom Rest Cabernet genippt, der noch vom Kochen rumstand. Tao ist verliebt. Ins Freeriden. Ja, das wissen wir schon. Aber jetzt ist die Rede von seiner Homebase: Innsbruck. Cafés, Bars und eine bergvernarrte Community findet Tao hier so richtig „nice“. „Ich lebe jetzt seit vier Jahren hier und ich habe so bald nicht vor, wieder wegzuziehen.“ Fragt man seinen Freeridebuddy und FWT-Kollegen Valle Rainer ist das auch kein Wunder: „Tao liebt es, wenn etwas los ist, und davon kannst du in Innsbruck ausgehen. Falls mal nichts geboten ist, lässt er sich eben etwas einfallen. Zum Beispiel gemeinsam Kochen, so richtig aufwendig und gesund. Oder einfach die ganze Freeride-Community zum Feiern oder Skifahren zusammenbringen. Außerdem macht hier einfach jeder Sport.“

Aber nicht nur beim Skifahren kommt Tao voll auf seine Kosten. „Mit den schönsten Bergen vor der Haustür habe ich vor zwei Jahren auch das Biken für mich entdeckt.“  Wer jetzt glaubt, Tao fährt Forststraße bergauf, bergab, der täuscht sich. Mit seinem Endurobike fetzt er über die Tiroler Trails und lässt es ordentlich stauben. „Das Biken hat mir von Anfang an richtig gut gefallen. Genau wie beim Skifahren kann man sich mit seinen Kollegen immer weiter pushen, sich einen größeren Jump vornehmen und noch ein bisschen schneller über den Wurzelteppich brettern. Das ist am Anfang vielleicht eine Überwindung, aber je öfter man es macht, desto leichter fällt es einem.“ Dranbleiben und auf seine Ziele hinarbeiten: Das ist wohl eine wesentliche Zutat beim Erfolgrezept des Profi-Athleten.

Übersetzt bedeutet „Tao“ übrigens „der Weg“ und hat nicht Konfuzius schon gesagt: „Der Weg ist das Ziel“?

Tao Kreibich in Fieberbrunn (c) TimMarcour

Ausblick

Wie der Profi-Freerider die Balance zwischen “sich immer weiter pushen“ und „nicht zu viel riskieren “ hält, welche Rolle Red Bull Athletin Nadine Wallner in Tao‘s Leben spielt sowie alle Top-Secret Insights über die Freeride World Tour, erfahrt ihr in den nächsten Episoden. Dranbleiben lohnt sich also ;)

…ist am liebsten auf dem Bike unterwegs. Die gebürtige Tegernseerin liebt die Berge und ihre Heimat Sommer wie Winter. Als Athletin für Scott Sports teilt sie ihr Wissen und ihre Leidenschaft für Enduro mit anderen Frauen. @andrea.noesel

Andrea Noesel
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