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Gemüse ist mein Winterspeck

17.10.2023 in Magazin, Fotos: Amelie Niederbuchner

Gemüse ist mein Winterspeck

Gute Gründe, im Winter Gemüse zu genießen, gibt es einige. Der hohe Vitamin- und Nährstoffgehalt zum Beispiel. Das Andere sind botanische und logistische Vorteile wie Frosttoleranz und Lagerfähigkeit. Und dann gibt es noch den kulinarischen Aspekt. Wintergemüse schmecken einfach großartig. Hier fünf Sorten, die sehr verschieden sind und doch viel gemeinsam haben.

Die rote Rübe

Der Alleskönner aus der Gemüsekiste hat eine lange kulinarische Tradition. Blätter, Samen und Wurzeln, die in archäologischen Grabungen gefunden wurden, zeigen, dass wir vor – plusminus – 10.000 Jahren begonnen haben, die Rote Rübe zu kultivieren.Der Alleskönner aus der Gemüsekiste hat eine lange kulinarische Tradition. Blätter, Samen und Wurzeln, die in archäologischen Grabungen gefunden wurden, zeigen, dass wir vor – plusminus – 10.000 Jahren begonnen haben, die Rote Rübe zu kultivieren.

Sie ist ein Allrounder. Aus gesundheitlicher, kulinarischer und ästhetischer Sicht. Insofern ist eine Würdigung überfällig. Immerhin haben großartige Köchinnen und Köche das längst erkannt und der Roten Rübe kulinarische Denkmäler gesetzt.

Der Vorgänger unserer heutigen Sorten, quasi die Urmutter aller Rauner, ist die Beta maritima. Immer noch und auch bekannt als Seemangold oder Seerübe. Die Beta (man kann davon ausgehen, dass ‚beta‘ auch die sprachliche Urform von ‚Bete‘ oder ‚Beete‘ ist) wuchs überall, wo die maritimen Winde noch zu spüren waren. An den Küsten Europas, egal ob im Norden oder im Süden, in Nordafrika, am Kaukasus ebenso wie am Balkan, und irgendwie hat es das Gemüse auch nach Asien und Amerika geschafft.

Dass beta kulinarisches Potential hat,zeigen bereits frühe Schriften. In Pompeji haben Indiana Jones‘ Nachfahren eine in die Wand geritzte Zutatenliste freigelegt, in der neben Kohl, Senf, Minze, Salz und Schwein auch die rote Rübe steht. Der Römer Cato schreibt in seiner de agri cultura, dass Wurzeln und Stängel gegen Verstopfung helfen. Der arabischen Kultur ist hingegen die Erkenntnis zu verdanken, dass beta ein kleines Wundermittel zur Stärkung der Sehkraft ist. In Tirol hat die Rohne zuletzt einen steilen Aufstieg hingelegt.

Verzehrtipp

In den Gemüsekisten sind sie Dauergast; sowohl in exquisitenRestaurants als auch in bodenständigen Wirtshäusern findet man sie immer öfter auf den Karten. Ganz nach dem Motto „Nudeln, Nocken, Knödel, Plenten. Das sind die vier Tiroler Elementen.“ empfehlen wir an dieser Stelle die Rohnenknödel. Also Semmelknödel, rot gefärbt, mit Rohnengeschmack. Dazu wird die Rübe gekocht, püriert und ins Knödelbrot gemischt. Die Knödel unbedingt dämpfen. Im Kochwasser verlieren sie zu viel Farbe und werden zartrosa. Kreativität ist nur bei der Namensgebung gefragt. Als „Drachenblutknödel“ verschlingen sogar rohnenverweigernde Kinder Unmengen davon.

Rohnenknödel: Das Rezept zum Nachkochen

Der Lauch 

Der Ackerlauch gehört wie auch der Knoblauch oder der Schnittlauch zu den Liliengewächsen. Anders als letztere ist er aber kein Würz-, sondern auch ein Speisegemüse. Auch, wenn er als Teil des Suppengrüns gelegentlich gar nicht auf dem Teller landet.Der Ackerlauch gehört wie auch der Knoblauch oder der Schnittlauch zu den Liliengewächsen. Anders als letztere ist er aber kein Würz-, sondern auch ein Speisegemüse. Auch, wenn er als Teil des Suppengrüns gelegentlich gar nicht auf dem Teller landet.

Lauch ist in der heimischen Küche eher bekannt als Porree. Andere Bezeichnungen sind Spanischer Lauch, Fleischlauch, Breitlauch, Welschzwiebel. Oder Winterlauch. Auch wenn sich die Sorten leicht unterscheiden, gehören sie zur Gruppe des Ackerlauchs. Der wiederum hat seinen Ursprung in Italien. Andere Nutzpflanzen, die den „Lauch“ im Namen tragen, wie etwa der Schnittlauch oder der Knoblauch, unterscheiden sich geschmacklich zwar vom Ackerlauch, haben aber immerhin eines gemeinsam: sie gehören alle zur Gruppe der Liliengewächse. 

In der Küche hat der Lauch im Winter Hochsaison. Er ist zwar während des ganzen Jahres erhältlich, weil ihm aber Frost und Kälte wenig anhaben können, gilt er als Parade-Wintergemüse. Wenn man ihn kühl und dunkel lagert, ist er bis zu vier Wochen haltbar.

Seinen guten Geschmack verdankt er einer hohen Konzentration an ätherischen und aromatischen Ölen. Das würzige Aroma ist auch eine solide Basis für Gemüsefonds und -suppen. Immerhin ist Lauch neben Sellerie und Rüben unverzichtbarer Bestandteil des „Suppengrüns“. Lauch ist kalorienarm, aber reich an wertvollen Nährstoffen. Er enthält Vitamine der B-Gruppe, Provitamin A sowie die Vitamine C und E. Außerdem liefert er Mineralstoffe wie Phosphor, Natrium, Eisen, Kalium und Kalzium. Viele Vitamine befinden sich im oberen grünen Teil, viele Mineralstoffe sind hingegen im weißen Teil.

Verzehrtipp

Unsere winterliche Lauchempfehlung: das Lauchpfandl. Dafür bissfest gegarten Lauch in stattliche Scheiben schneiden, ein paar Apfel- und Birnenspalten mit Karreespeck umwickeln, beides anrösten und zum Schluss – je nach Vorliebe – etwas Berg- oder Blauschimmelkäse dazugeben. Mit Muskatnuss und Pfeffer abschmecken und im heißen Ofen garen, bis der Käse geschmolzen ist.

Die Kartoffel

Zugegeben, die Kartoffel ist keine „gebürtige“ Tirolerin. Aber was heißt das schon? Die anderen Gemüsesorten, die hier beschrieben werden, sind das auch nicht. Stoppelrübe und „Grün im Schnee“ haben asiatische Wurzeln, Rote Rüben und Lauch wuchsen zuerst im Mittelmeerraum. Und die Kartoffel? Kommt aus Peru.Zugegeben, die Kartoffel ist keine „gebürtige“ Tirolerin. Aber was heißt das schon? Die anderen Gemüsesorten, die hier beschrieben werden, sind das auch nicht. Stoppelrübe und „Grün im Schnee“ haben asiatische Wurzeln, Rote Rüben und Lauch wuchsen zuerst im Mittelmeerraum. Und die Kartoffel? Kommt aus Peru.

Wie wir wissen, brachte Kolumbus die Kartoffel nach Europa. Aber: Auch, wenn sich die Erdäpfel zu einem Fundament der Wiener Küche gemausert haben, fanden sie ihren Weg nach Österreich fanden über den Westen – über Vorarlberg und Tirol.

Das erste schriftliche Kartoffelrezept (aus dem Jahr 1581) ist nichts anderes als eine Anleitung für ein Tiroler Gröstl. Auch, wenn es damals nicht so genannt wurde: „Schel und schneidt sie klein und röst sie in Speck, der klein geschnitten ist. So wirt es gut und wohlgeschmack.“ Wie gesagt, die Sprache hat sich im letzten halben Jahrtausend leicht verändert. Das Rezept kaum.

Jedenfalls sind die Kartoffeln weder aus der Tiroler Küche noch aus der Tiroler Landwirtschaft wegzudenken. Auf knapp 500 Hektar werden etwa 24 Sorten angebaut. Vor allem die sandigen Böden an den Innufern sind für den Kartoffelanbau prädestiniert.

Der Ursprung der Kartoffel liegt in Südamerika. Genauer: in Peru. Dort gibt es heute noch über 200 Sorten in mehr als 5.000 Spielarten. Den Weg nach Europa fand die Knolle zuerst als Schiffsproviant, den Matrosen und Seeleute luden, wenn sie sich für die Route zurück nach Spanien oder Portugal einschifften.

Danach ging es recht schnell. Unkompliziert im Anbau, stärkereich und ausgezeichnet im Geschmack: Das waren die Säulen, die für die Karriere der Kartoffel verantwortlich waren. Der Name selbst – Kartoffel – leitet sich von „Trüffel“ – tartuffi – ab.

Verzehrtipp

Neben dem Tiroler Gröstl, quasi dem bodenständigen „Nationalgericht“ der Tirolerinnen und Tiroler hätten wir noch die Osttiroler Schlipfkrapfen, die Erdäpfelwirler oder die mit Graukäse gefüllten Holzknechtkrapfen zu bieten. Und natürlich die Erdäpfelblattln. Dafür werden die Kartoffeln gekocht, durch die Kartoffelpresse gedrückt und mit Öl, Mehl, Salz und Ei vermischt. Danach plattgedrückt und in Schmalz goldbraun gebacken. Am besten auf einem großen Teller in die Tischmitte stellen. Eine ordentliche Schüssel mit Sauerkraut dazu.

Die weiße Stoppelrübe

Jahrhunderte lang eine Säule der bäuerlichen Ernährung, heute quasi kaum noch zu finden: gehackte, eingesäuerte Stoppelrüben. In Tirol auch bekannt als „Ruamkraut“.Jahrhunderte lang eine Säule der bäuerlichen Ernährung, heute quasi kaum noch zu finden: gehackte, eingesäuerte Stoppelrüben. In Tirol auch bekannt als „Ruamkraut“.

Er ist die vermutlich wildeste und eigenartigste Spezialität
Tirols. Der Wildschönauer Krautinger. Eine Spirituose, die so ziemlich das  Gegenteil dessen ist, was wir unter einem eleganten, feingliedrigen Destillat verstehen. Vielmehr ist er ein wuchtiger, oft derber Schnaps, der in manchen Fällen nach lange getragenen Wanderschuhen riechen kann. Hervorragende Exemplare – und davon gibt es in letzter Zeit immer mehr – zeigen aber auch eine kristallklare, fast zarte erdige Rübenaromatik. Grund genug, sich den Rohstoff für den Krautinger genauer anzusehen: die weiße Stoppelrübe.

Bekannt auch unter den Namen Wasser- , Herbst- oder Krautrübe. Diese Namensvielfalt sorgt zwar einerseits nicht gerade für Klarheit, zeigt aber, dass die Stoppelrübe früher weit verbreitet war. Ihr wissenschaftlicher Name ist „Brassica rapa L. Var. rapa“. Den Wildschönauern ist das klarerweise zu kompliziert. Sie nennen sie deshalb einfach „Soachruam“. Was wiederum ein Hinweis auf das ehemals leicht  angeschlagene Image der Stoppelrübe sein könnte.

Früher war die Stoppelrübe ein Armeleute-Essen, das auch auf weniger anspruchsvollen Böden gedieh. Notfalls auch in der „Soach“, hinterm Hof. Dabei ist die Stoppelrübe ein echter Tausendsassa. Und besonders im rauen Klima der Berge gedeiht sie hervorragend. Je höher der Anbau, desto besser die Qualität. Das schrieb schon Christoph Brüggler in der Mitte des 19. Jahrhunderts in seinem Buch über die Flora Tirols.

Wirft man einen Blick auf die inneren Werte der Rübe, wird klar, dass sie leichte Kost ist und auch in gegartem Zustand noch einen beachtlichen Gehalt an Vitamin C, Vitamin E und Vitamin B 3 vorweisen können.

Verzehrtipp

Zur Verwendung in der Küche gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Klein schneiden, dämpfen und als Gemüsebeilage verwenden, noch kleiner Schneiden und zur Suppe verarbeiten oder – wie Sauerkraut – milchsauer vergären und mit Speck als Beilage zu St. Johanner Würsten servieren.

Oder auch als Cocktail:

Rüben Sunrise Cocktail

Grün im Schnee

Frostfeste Salate haben in der Winterküche eine lange Tradition. Mit dem „Grün im Schnee“ kommt ein Neuling aus der Familie des Senfkohls hinzu. Schmeckt übrigens auch angebraten!Frostfeste Salate haben in der Winterküche eine lange Tradition. Mit dem „Grün im Schnee“ kommt ein Neuling aus der Familie des Senfkohls hinzu. Schmeckt übrigens auch angebraten!

„Grün im was??“ Stimmt, der Name ist poetisch und das Gemüse recht unbekannt. Auch von der angebauten Menge her kann es mit Kartoffeln und Roten Rüben nicht mithalten. Trotzdem. Grün im Schnee ist eine zarte Pflanze und ein kulinarischer Gewinn in der Küche.

Zäumen wir das Pferd also von hinten auf und reden wir zuerst vom Geschmack und von den Einsatzmöglichkeiten beim Kochen. Danach klären wir die Herkunft und worauf es beim Anbau ankommt. Grün im Schnee ist ein Asia-Salat aus der Gruppe des Senfkohls. Womit auch schon die wesentliche Geschmacksrichtung genannt ist. Senf. Genauer gesagt ist es eine intensive Estragonschärfe, für die die Pflanze steht.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Grün im Schnee und Red Giant ist auch, dass Grün im Schnee klar senflastig ist und Red Giant eher krenscharf. Kommen wir schließlich zu den Gemeinsamkeiten und zum Hauptgrund, weshalb wir den zarten Exoten hier vorstellen. Die Senfkohlpflanzen zeichnen sich nämlich vor allem durch eines aus: ihre Frostbeständigkeit und Kältetoleranz. Bis zu – 10 Grad Celsius halten die Pflänzchen aus. Das macht sie zum perfekten Herbst- und Wintergemüse. Ach ja, der wissenschaftliche Name von Grün im Schnee ist Brassica juncea var.

Verzehrtipp

Genau mit dieser Estragonschärfe lässt sich arbeiten. Man kann Grün im Schnee roh oder leicht in Olivenöl mariniert als Beilage zu kurzgebratenem Fleisch verwenden und erreicht damit einen scharfen Akzent. Oder man zerkleinert und nutzt es mit Öl und Pinienkernen für ein Pesto, mit dem sich Ravioli füllen lassen. Apropos Fülle. Auch Strudel lassen sich hervorragend damit füllen. Oder man gibt es – dezent dosiert – zu einem bunten Salat. Eigentlich passt es überall dort, wo Schärfe und Würze gefragt sind. Andere Salate in der Gruppe des Senfkohls oder der Senfsalate sind Mizuna, Wasabino oder Red Giant. Während der Red Giant eher großblättrig und violett an den Rändern ist, sehen Mizuna, Wasabino und Grün im Klee eher grün und gekräuselt aus.

Jürgen Schmücking ist Journalist und Fotograf mit den Schwerpunkten Kulinarik, Gastronomie und Landwirtschaft. Seine Reportagen erscheinen in österreichischen und deutschen Magazinen. Jürgen Schmücking lebt mit seiner Familie in Tirol.

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